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Leitzinssenkung auf 1,25 Prozent


Freitag 04.11.2011 - Rubrik: Wirtschaft


Sehr überraschend erfolgt die Leitzinssenkung von 1,5% auf 1,25%, nur ein paar Tage nach dem Amtsantritt des neuen EZB-Präsidenten Draghi. Die Worte des neuen EZB-Präsidenten waren etwas deutlicher als die seines Vorgängers Trichet. Man erwarte eine "milde Rezension" bis Ende des Jahres. Ungewöhnliche Worte, denn bis jetzt zeigte sich Vorgänger Trichet immer etwas optimistischer. Es war die erste von ihm geleitete Sitzung am Donnerstag und gleich zu Beginn seines Amtsantrittes wartete Draghi mit eher schlechten Nachrichten auf. Experten zeigten sich deutlich überrascht, so schnell hatte niemand mit einer Leitzinssenkung gerechnet. Wenn überhaupt ging man davon aus, dass der Leitzins erst im Dezember gesenkt werden würde. Doch scheinbar sind die Aussichten auf das kommende Wirtschaftswachstum schlechter als man bis jetzt zugeben wollte. Die Inflationsrate ist mittlerweile bei 3% angekommen, im Oktober unverändert zum Vormonat September.


Inflationsrate wird 2012 wieder fallen

Noch immer sind die hohen Energiepreise an der unverändert hohen Inflationsrate Schuld. Die EZB erwartet, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten über der 2% Marke verbleiben wird. Frühestens Mitte 2012 erwartet man, dass die Inflationsrate wieder unter 2% sinken wird. Sicher prognostizieren will dies aber auch niemand. Das Wachstum der Kredit- und Geldmengen bezeichnete Draghi gerade einmal als moderat. Es war eine stille EZB-Sitzung, Draghi vermied große Worte und gab sich zurückhaltend. Inmitten der Griechenland-Krise, mit mittlerweile sehr ungewissem Ausgang und nahezu täglich neuen Überraschungen, gab man sich insgesamt zurückhaltend. Auf ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro angesprochen, antwortete Draghi lediglich: "Das steht nicht in den Verträgen". Dies mag angesichts der Tatsache, dass die EZB nun mehr über 170 Milliarden Euro in Staatsanleihen investiert hat, nicht verwundern. Draghi wiederholte erneut, dass die Käufe nur temporär beschränkt seien und nicht als dauerhafte Maßnahmen zu verstehen sind.


Zinsentscheidung stößt auf geteilte Meinungen

Die Reaktionen auf die Zinsentscheidung der EZB fielen gespalten aus. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) urteilte: "Die EZB scheint amerikanischer zu werden, die Bedeutung der Preisstabilität scheint zu sinken. Mehr und mehr treten Wachstum und Beschäftigung in den Vordergrund." Eine leise Kritik an der Arbeit der EZB, deren Aufgabe eigentlich in der Sicherung der Preisstabilität liegt. Die Commerzbank drückte ihre Meinung etwas freundlicher aus. Zitat Commerzbank: "Dass die EZB ihren Leitzins bereits heute senkte, zeigt, wie besorgt sie über die Konjunkturrisiken ist, die von der Staatsschuldenkrise ausgehen." Analysten erwarten eine neue Leitzinssenkung um weitere 0,25 Prozentpunkte spätestens nach dem Jahreswechsel.


Leitzinssenkung soll die Konjunktur ankurbeln

Für den Verbraucher sollte sich die Leitzinssenkung positiv auswirken. Sinkt der Leitzins, werden vermutlich auch Kredite wieder günstiger. Mit der Maßnahme will man versuchen die Konjunktur wieder anzukurbeln und den Verbraucher anzuregen wieder zu kaufen. Unternehmen können wieder investieren, wenn die Zinsen sinken, ebenfalls ein wichtiger Aspekt in einer abflauenden Konjunktur. Aber auch die hochverschuldeten Staatshaushalte der Länder Griechenland, Portugal, Irland, Spanien oder Italien sollte die Zinssenkung zu gute kommen, denn sie können wieder billiger Kredite aufnehmen. Auch hier wären Wachstumsimpulse dringend notwendig. Allerdings birgt billiges Geld auch ein hohes Risiko. Billiges Geld kann zur einer Inflation und Überhitzung der Wirtschaft führen. Genau vor diesem Problem steht aktuell die chinesische Wirtschaft. Wir berichteten über Chinas drohende Finanzkrise. Auch in China hatte man den Markt mit milliardenschweren Konjunkturmaßnahmen überflutet. Hier verkehrten sich die Maßnahmen genau ins Gegenteil. Chinas Immobilienmarkt steht kurz vor dem Kollaps, Schattenbanken haben ein ungeahntes Ausmaß angenommen, die Wirtschaft steht kurz vor einer massiven Finanzkrise. Auch in Deutschland sieht man die Risiken einer erneuten Zinssenkung, die Volksbanken und Raiffeisenbanken mahnten bereits, dass es die Pflicht der EZB sei die Preise im Euro-Raum genauestens zu beobachten und wenn dies nötig werden sollte, umgehend zu reagieren. Den DAX freute die Leitzinssenkung, umgehend schoss er unmittelbar nach der Bekanntgabe der Zinssenkung um 3,17% auf 6154 Punkte, konnte das Hoch aber nicht konstant halten, denn im Laufe des Handelstages gab der DAX wieder leicht nach.


Sparzinsen werden voraussichtlich fallen

Während sich Kreditnehmer und Investoren freuen dürften, werden sich Sparer wenig erfreut zeigen. Konnte man sich in den letzten Monaten über steigende und stabile Zinsen für Tagesgeld und Festgeld freuen, werden die Zinsen für Sparprodukte in den nächsten Monaten wahrscheinlich wieder nachgeben. Ein niedriger Leitzins bedeutet auch immer niedrigere Sparzinsen für den Anleger. Fallen die Zinsen für Sparprodukte, wird es für den Anleger noch schwieriger die Inflationsrate wieder auszugleichen. Im Durchschnitt werden Tagesgeldkonten und Festgeldkonten mit 2,5% verzinst. Dieser Zinssatz liegt jetzt schon unter der Inflationsrate von 3%, fallen die Zinsen weiter, wird es kaum noch möglich sein Kapital gewinnbringend anzulegen. Ob die Zinswende tatsächlich den erwünschten Effekt erbringen wird bleibt abzuwarten. Eine steigende Inflationsrate führt unweigerlich zu weniger Kaufkraft, immer weniger bleibt vom monatlichen Einkommen übrig. Ob dann günstige Kredite noch ein akzeptables Mittel sein werden die Konjunktur wieder anzukurbeln bleibt abzuwarten.