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Fällt die Bestnote für Frankreich


Sonntag 14.08.2011 - Rubrik: Wirtschaft


11 Tage Turbulenzen an den Börsen, die USA in einer tiefen Schuldenkrise, in Griechenland zahlt man Renten an Tote und Berlusconi muss sparen, obwohl dies sogar nicht seinem Naturell entspricht. Und nun steht auch noch die Bestnote für Frankreich auf dem Spiel. In Deutschland scheint man sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, eine Unterbrechung des Sommerurlaubes ist nicht notwendig, die Kanzlerin erledigt ihre Angelegenheiten telefonisch und hüllt sich sonst in Schweigen. In Italien trifft man sich zumindest mit den wichtigsten Ministern, die Sparpläne bleiben aber vage und recht ungewiss. Die Weltwirtschaft erlebt wieder einmal unruhige Zeiten und nun steht eine stolze europäische Nation kurz davon ihr Bestrating zu verlieren. Ein A weniger, die Konsequenzen für die USA hielten sich noch in Grenzen, doch was bedeutet eine Abwertung Frankreichs für den ohnehin schon wackeligen Euro? Wenn Frankreich seine Bestnote verliert, verliert das Land damit nicht nur seinen Stolz und die Kredite werden teurer, die Auswirkungen auf den Euro sind noch nicht absehbar.


Wahrscheinlichkeit einer systemischen Krise erhöht sich dramatisch

Wie teuer wird die Euro-Krise oder wird die Rettung der Krisenstaaten unbezahlbar? Würde Frankreich seine Bestnote verlieren, dann hat dies nicht nur Auswirkungen auf die landeseigenen Finanzen. Im Gegensatz zu den USA hängen an der Währung des Euro viele Staaten und Frankreich ist der zweitgrößte Gläubiger des Euro-Rettungsfonds EFSF. Die Stabilität der Währungsunion Euro ist also wesentlich abhängig von der Stabilität der beiden Länder Deutschland und Frankreich. Deutschland finanziert den Euro-Rettungsfonds mit 27%, Frankreich direkt auf dem 2.Platz mit 20%. So lange Deutschland und Frankreich über eine ausgezeichnete Kreditwürdigkeit verfügen, kann sich der Euro-Rettungsfonds relativ günstig Geld besorgen. Verliert aber eines der beiden wichtigsten Länder seine Bestnote, wird es auch für den Euro-Rettungsfonds teurer Kredite zu erhalten. Die Rettung der Länder Griechenland, Irland und Portugal könnt sich also dramatisch verteuern. Die Schweizer Credit Suisse spekuliert, dass der Zins für den EFSF um 100 Basispunkte steigen wird, wenn Frankreich seine Bestnote verliert. Viele Eurostaaten leben ohne Bestnote und sie leben nicht schlecht damit. Warum wäre also der Verlust für Frankreich so dramatisch? Verliert Frankreich seine Bestnote, dann steht damit die Handlungsfähigkeit Europas in der Schuldenkrise auf dem Spiel. Der Verlust wäre also eher in psychologischer Hinsicht eine Katastrophe, denn dann droht dem Euro-Rettungsfonds womöglich die Handlungsunfähigkeit und die EZB (Europäische Zentralbank) müsse stattdessen noch stärker in die Pflicht genommen werden. Dies wiederum sollte aber unter allen Umständen vermieden werden. Die EZB sieht ihre Pflicht eigentlich in der Erhaltung und Gewährleistung der Preisstabilität und nicht in der Rettung schwacher Euro-Staaten. Dies hatte Trichet immer wieder betont, kam aber dennoch nicht umhin Staatsanleihen aufzukaufen. Schon jetzt wird die EZB als "Bad Bank" bezeichnet.


Europa wehrt sich

Inmitten des ganzen Trubels wehrt sich nun Europa erstmals und unterbindet Leerverkäufe. Nachdem die Börse seit 11 Tagen nicht zur Ruhe kommt und die Kurse Achterbahn fahren, hat man sich erstmals wieder entschlossen einzugreifen. Insgesamt 4 Länder, Frankreich, Belgien, Italien und Spanien, haben für 15 Tage Leerverkäufe den Börsen verboten, umso Spekulationen Einhalt zu gebieten. Mit diesem Vorgehen will man die Aktien der Banken und Versicherungen schützen und weitere Kursverluste mindern. Eigentlich sind Leerverkäufe eine zulässige Handelsstrategie. Werden sie jedoch missbraucht, um spekulative Geschäfte zu tätigen und schädigt dies den Markt nachhaltig, habe man die Möglichkeit Leerverkäufe für einen gewissen Zeitraum zu verbieten. Bei Leerverkäufen (auch "Short Selling" genannt) setzen Spekulanten auf schwächelnde Kurse einer Aktie, die sie gegen eine Gebühr lediglich leihen und dann weiterverkaufen. Geht ihre Wette auf, können sie später die Papiere günstiger erwerben und dem Verleiher zurückgeben. Ihr Gewinn ist die Differenz zwischen Verkaufspreis und Rückkaufpreis. Unterschieden wird zwischen gedeckten und ungedeckten Leerverkäufen. Ungedeckte Leerverkäufe sind noch riskanter, denn in diesem Fall besitzen die Investoren die Aktien gar nicht, sie verkaufen diese ohne sie überhaupt ausgeliehen zu haben. Ein hoch spekulatives Geschäft, das die Börse aktuell noch stärker belastet. Leerverkäufe gelten schon lange als Bedrohung für den Finanzmarkt. In Deutschland sind ungedeckte Leerverkäufe ganz verboten. Man vermutet, dass genau diese Leerverkäufe die damalige Lehmann Krise verschlimmert hat. Schwächelt die Aktie ohnehin schon, können diese spekulativen Leerverkäufe den Kurs komplett zum Absturz bringen. Mit dem Verbot wollen die 4 Länder die Turbulenzen an den Börsen zumindest eindämmen und das Risiko minimieren.


Gesamtkonstruktion der Euro-Zone muss reformiert werden

Aus jeder Krise sollte bekanntlich etwas Gutes wachsen und so kann man nur hoffen, dass die aktuelle Finanzkrise der Euro-Staaten auch etwas Gutes hervorbringt. Fakt ist, es scheint als ob sich die Euro-Staaten mächtig verkalkuliert haben. Schlechtes wird gut geredet, Politiker beschwichtigen oder sagen erst gar nichts, die Märkte reagieren mit heftigen Turbulenzen und die Rettung der angeschlagenen Euro-Staaten scheint zu einem riesigen Kraftakt zu werden. Irgendwie hatte man sich das Ganze vor ein paar Jahren wohl etwas einfacher vorgestellt mit dem Mammut-Projekt Euro. Eine Währung und viele unterschiedliche Probleme, es sieht so aus, als ob die Einführung einer gemeinsamen Währung die sehr viel tiefer liegenden Probleme ein wenig verschleiert hat. Ein schönes Kleid für Europa, darunter ungewaschene Socken. Auch für Kanzlerin Merkel wird die Rettung des Euros ein nicht zu unterschätzendes Problem. Der Euro ist auf dem besten Weg eine Transferunion zu werden, dies wollte sie selbst nie, aber ihre Koalitionspartner wollen es schon gar nicht. Merkel muss sich also nicht nur dem europäischen Problem stellen, sie muss auch in ihrem eigenen Land einen Weg gegen den Widerstand der Koalition gehen. Wie dieser Weg aussehen wird, das weiß sie selbst wahrscheinlich auch noch nicht. Für die nächste Bundestagswahl wird die Lösung der Probleme allerdings entscheidend sein, für sie geht es nicht nur um den Euro, sondern vielmehr um die eigene Zukunft. Entweder wird Kanzlerin Merkel in die europäische Geschichte eingehen, so wie es schon ihrem Ziehvater Helmut Kohl gelungen ist oder sie wird nach der nächsten Bundestagswahl in die Bedeutungslosigkeit untergehen. Der Euro wird in vielerlei Hinsicht eine enorme Herausforderung, daran hat man bei der Schaffung der gemeinsamen Währung in diesem Ausmaß wohl nicht gedacht.