Montag 09.05.2011 - Rubrik: Wirtschaft
Die Nachrichten der letzten Woche hätten sicherlich erfreulicher ausfallen können und wer erwartet hat, dass die
Leitzinserhöhung kurzfristig zu einer Verbesserung führen würde, hat sich gründlich getäuscht. Portugal
steht kurz vor einer Rezession und der Euro befindet sich auf einer Talfahrt, gestern war der Dollar an
den Börsen erstmals wieder stärker als der Euro. Die abwartende Haltung der EZB (Europäische Zentralbank)
schickte den Euro schickt den Euro zunächst in den Keller. Nach der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank
in Helsinki sagte EZB-Chef Trichet, dass die Europäische Zentralbank die Preisentwicklung in den nächsten
Wochen genau beobachten würde. Experten deuten den Satz als versteckte Ankündigung für die nächste
Leitzinserhöhung im Juli. Nach der Äußerung Trichets fiel der Euro erstmals wieder unter die Marke von
1,47 Dollar.
Steigende Preise treiben die Inflationsrate weiter nach oben
Die Inflationsrate steigt weiter, angeheizt von den stetig steigenden Rohstoff- und Lebensmittelpreisen,
liegt die Inflationsrate in insgesamt 17 Euro-Ländern bei 2,8%. Deutlich über der 2% Marke, welche die EZB
als Ziel anstrebt. Eigentlich sollte die Inflation mit der letzten Leitzinserhöhung leicht eingedämmt
werden. Dazu reicht die Erhöhung von 0,25% aber nicht aus. Einige Experten hatten erwartet, dass die EZB
den Leitzins im Juni erneut anheben würde. Die Währungshüter sehen jedoch in einer weiteren Leitzinserhöhung
im Juni ein Signal, den Inflationsdruck nur unnötig zu erhöhen. Im Moment wartet man ab und will die kommende
Preisentwicklung weiter beobachten. Experten gehen davon aus, dass die nächste Leitzinserhöhung im Juli
ebenfalls wieder 0,25% betragen wird, die dann im Drei-Monats-Rhythmus bis auf neutrale 3% fortgeführt
werden wird.
Gratwanderung zwischen Preisstabilität und schwächelnden Euro-Ländern
Die Leitzinsentwicklung ist nicht allein abhängig von der Preisentwicklung, denn die Währungshüter in
Brüssel müssen zudem die schwächelnden Euro-Länder berücksichtigen. Wäre der Leitzins früher als im Juli
angehoben worden, hätte dies den Euro-Kurs verbessert. Ein starker Euro ist jedoch ein großes Problem für
die Krisenländer Griechenland und Portugal. Ein teurer Euro würde es fast unmöglich machen die
Schuldenproblematik in den Ländern zu verbessern und die Haushalte wieder in Ordnung zu bringen. Der Kurs
der EZB ist also nicht allein von der Inflationsrate abhängig. Obwohl sich offiziell niemand seitens der
EZB zur Schuldenproblematik und deren Einfluss auf die Leitzinserhöhung äußern wollte, ist es dennoch
offensichtlich, dass ein gestiegener Euro-Kurs die finanzielle Lage der Länder erschweren würde. Zur
Lage Portugals äußerte man sich nicht, ebenso wenig wurde das Thema einer möglichen Umschuldung
Griechenlands angesprochen. Zum ersten Mal nahm auch der neue Bundesbank Präsident Jens Weidmann an der
EZB-Ratssitzung teil.
Portugals Wirtschaft steht vor einer längeren Rezession
Obwohl die Auflagen für die EU-Hilfen nicht so streng sind wie für Griechenland, droht die Wirtschaft
Portugals dennoch in eine tiefe Rezession zu stürzen. Wie der Internationale Währungsfond bekannt gab,
wird die Wirtschaftsleistung des Landes dieses und nächstes Jahr um 2% schrumpfen. Und das in einem Land,
dem es jetzt schon schlecht genug geht. Nicht nur Portugals Ruf ist ruiniert, im Land selbst sind die
Auswirkungen der letzten Jahre deutlich zu spüren und zu sehen. Und die Belastungen werden noch höher,
die Portugiesen werden sich auf höhere Tabak- und Autosteuern einstellen müssen. Allerdings sind weder
die Laufzeiten für die Kredite geklärt und auch die Zinslast für das Land ist noch offen. Weitere
Maßnahmen sind noch nicht bekannt geworden, sicher ist jedoch, dass es nicht allein bei der
Steuererhöhung für Autos und Tabak bleiben wird. Und das in einem Land, in dem jetzt schon viele
junge Menschen kaum Perspektiven haben, in einem Land, in dem die wachsende Armut deutlich sichtbar
ist. Die geplante Kürzung des Arbeitslosengeldes und die Minimierung der Laufzeiten für das Arbeitslosengeld
treffen vor allem die Ärmsten im Land. Die Opposition trägt das Sparpaket mit, es bleibt auch wenig Raum
für Proteste, allerdings werden soziale Unruhen im Land befürchtet. Linke Parteien und die Gewerkschaften
protestieren heftig und es ist zu erwarten, dass die Stimmung im Land nicht besser werden wird. Die
Bedingungen für das Hilfspaket wurden moderat gestaltet, Portugal zahlt weniger Zinsen als Griechenland
und bekommt auch längere Laufzeiten zur Rückzahlung, ob dies aber ausreichen wird, um die Menschen in
Portugal von massiven Protesten und Unruhen abzuhalten wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
Währungsfond und EU zeigen sich optimistisch
Der Währungsfond und die EU zeigen sich angesichts der Lage in Portugal optimistisch. Ihrer Einschätzung
nach ist das finanzielle Problem des Landes das kleinere Problem. Vielmehr müsse man in Zukunft verstärkt
daran arbeiten die Strukturen des Landes zu verbessern, Portugal aus seiner Isolation innerhalb Europas
herausholen und wirtschaftlich stärker in die EU integrieren. Portugal erhält insgesamt 78 Milliarden Euro
Hilfen. Davon trägt die EU 52 Milliarden Euro Kreditgarantien und der Internationale Währungsfond 26 Milliarden
Euro. Deutschland bürgt für die Staatshilfen Portugals mit 15 Milliarden Euro.