Montag 26.09.2011 - Rubrik: Wirtschaft
Diese Woche steht ganz im Zeichen der Abstimmung des Euro-Rettungsschirms, der mehr und mehr zu einer politischen und nicht mehr allein zu einer finanziellen Frage wird. CDU und FDP geben sich optimistisch die erforderliche Mehrheit im Bundestag erhalten zu können. Stimmen nur 20 Abgeordnete gegen die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms, dann ist die Mehrheit verloren. Es geht also nicht allein um Geld, sondern vielmehr auch um die Macht der Kanzlerin und die Frage, ob sie ihre eigene Regierung zu einer mehrheitlichen Abstimmung bewegen kann. Im Vorfeld hat die Kanzlerin schon ordentlich die Werbetrommel gerührt und versucht nicht nur ihre eigenen Abgeordneten zu überzeugen, sondern auch die Deutschen. Laut verschiedener Umfragen sind diese für eine geordnete Insolvent Griechenlands und lehnen weitere Milliardenhilfen ab. Überall liest man vom Euro-Rettungsschirm, doch kaum jemand weiß genau was mit den Abkürzungen ESM und EFSF gemeint ist.
ESFS und ESM
Die Abkürzung ESFS steht für "European Financial Stability Facility". Die Europäische
Finanzstabilisierungsfazilität wurde als Aktiengesellschaft mit Sitz in Luxemburg am 7. Juni 2010
gegründet. Die Gesellschaft wurde gegründet, um im Krisenfall eines EU-Landes mit Krediten in Höhe
von insgesamt 440 Milliarden Euro aushelfen zu können und die Krise zu bewältigen. Für die
ausgegebenen Kredite haften die Mitgliedsstaaten des ESFS. Für die Kreditvergabe muss die gesamte
Euro-Gruppe zustimmen. Und genau um diese Abstimmung handelt es sich am Donnerstag, für die Kanzlerin
Merkel die Zustimmung bzw. die Mehrheit benötigt. Die Abkürzung ESM steht für den "Europäischen Stabilitätsmechanismus",
dieser wird umgangssprachlich in den Medien als Euro-Rettungsschirm bezeichnet. Der
Euro-Rettungsschirm ist noch ein relativ junges "Produkt" der EU, denn im Vertrag von
Maastricht 1992, in dem die Währungsreform beschlossen wurde, sah man noch keine finanziellen
Hilfen für finanzschwache EU-Länder vor. Ursprünglich sollten die Länder die festgelegte
Verschuldungsgrenze nicht übersteigen, um eine Stabilität innerhalb der Euro-Zone zu gewährleisten.
Anhand der Länder Irland, Griechenland, Portugal, Italien und Spanien sieht man aber nun ganz
deutlich, dass die auferlegte Verschuldungsgrenze nicht ausgereicht hat die finanziellen Probleme
der Länder lösen zu können. Ergänzend wurden Maßnahmen seitens der EZB (Europäische Zentralbank)
getroffen in dem die EZB Staatsanleihen verschuldeter Länder kaufte. Diese Käufe waren nicht
Bestandteil der Rettungspakete, sie sind auf die Entscheidung der EZB zurück zu führen, die bis
heute von einigen scharf kritisiert wurde. 2013 wird sie Aufteilung noch einmal ändern. Dann wird
die ESFS durch den ESM-Fonds abgelöst. Bis jetzt handelt es sich beim Euro-Rettungsschirm noch um
eine vorläufige Fassung, erst 2013 wird der dauerhafte Stabilitätsmechanismus in Kraft treten.
Regierung lehnt eine geordnete Insolvenz Griechenlands ab
Kurz vor der Abstimmung der Regierung am Donnerstag über den vorläufigen Rettungsschirm wirbt die
Kanzlerin erneut vor den Folgen einer geordneten Insolvenz Griechenlands. Es gehe nicht allein um
die Rettung Griechenlands, sondern auch um das Vertrauen der Anleger in Europa. Ein Schuldenschnitt
für insolvente Länder zerstöre das Vertrauen. Merkel blickt auch zurück und verweist auf die Folgen
der Lehman Brothers Pleite, diese müsse man in jedem Fall in Zukunft vermeiden. Außerdem gehe es
nicht darum die Kredite zu verschenken, im Falle Griechenlands muss das Land die Forderungen der
Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission erfüllen. Merkel zweifelt nicht an der Umsetzung Griechenlands.
Zugleich mahnte die CDU-Vorsitzende eine neue EU-Vertragsänderung an, um Länder notfalls zur
Einhaltung des Stabilitätspakets und Eingriffe in nationale Haushaltsrechte zwingen zu können. Die
Abstimmung am Donnerstag wird in jedem Fall nicht nur die Bekräftigung zum Euro-Rettungsschirm
ausdrücken. Symbolisch wird sie auch den Zusammenhalt zwischen CDU und FDP darstellen, wenn die
Kanzlerin die Mehrheit erhält.
Droht eine neue Bankenkrise?
Griechenlands Probleme ziehen weite Kreise, nun wird vor einer möglichen neuen Bankenkrise gewarnt.
Haben sich die Banken bei der letzten Eigenkapitalerhöhung resultierend aus Basel III schon wenig
gefreut, fordert EU-Währungskommissar Rehn erneut eine Erhöhung der Eigenkapitalquote für Banken. Drohe
eine neue Kreditklemme, werde dies die Konjunktur in Europa noch stärker schwächen und könne ähnliche
Ausmaße wie derzeit in den USA annehmen. Die Staatsschuldenkrise in Kombination mit den Schwächen der
Banken sei eine gefährliche Kombination. Rehn spricht sich gleichzeitig ebenfalls gegen eine geordnete
Insolvenz Griechenlands aus. Die möglichen politischen und wirtschaftlichen Folgen einer Insolvenz
für Europa seien kaum abzuschätzen und würden den Schaden noch vergrößern. Gleichzeitig wird aber
über eine weitere Beteiligung der Banken für die Griechenland-Rettung nachgedacht. Schon jetzt sprechen
sich führende Bankenvertreter gegen weitere Belastungen der Banken aus. Es sei gefährlich Banken
jetzt erneut zu belasten, sie beschwören regelrecht eine Kreditklemme herauf. Fakt ist, die Banken
wollen ihre Belastungen selbstverständlich senken und lehnen eine neue Verschärfung zur Eigenkapitalquote
ab. In Deutschland sieht man keine direkte Kreditklemme, sondern vielmehr eine Verteuerung der Kredite.
Werden die Liquiditätsanforderungen verschärft, werden Kredite in Deutschland automatisch teurer. Im
Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung solle man die Banken nicht weiter belasten. Im Zuge der
Griechenland-Belastung ist jetzt schon klar, dass Banken weniger Geld von Griechenland zurückbekommen
als im Sommer bei der Vereinbarung des Rettungspaktes gedacht. Auch die Sparkassen warnen jetzt schon
vor einer Kreditverteuerung, eine wirkungsvolle Maßnahme die Belastungen der Banken an der Griechenland
Rettung nicht zu erhöhen.
Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) verstärkt Unruhe an den Börsen
Die Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Wochenende in Washington wirkt sich am
heutigen Montag auch auf die Börse aus. Mahnungen vor einer Kreditklemme, ein mögliches Überschwappen
der Krise auf die Realwirtschaft und eine mögliche stärkere Belastung für die europäischen Banken, all
diese Signale haben dazu beigetragen die Unruhe an den Börsen erneut zu verstärken. Der DAX startete
schwach und die Aussichten für diese Woche sehen nicht besser aus. Eine neue Verkaufswelle direkt zu
Wochenbeginn löst heftige Kursverluste aus. Anleger flüchten sich in Verkäufe, die Unsicherheit ob
Griechenland nicht doch unter seiner Schuldenlast zusammenbricht belastet die Börse schwer. Eine
Zinssenkung des Leitzinses hat die EZB zum jetzigen Zeitpunkt und in naher Zukunft kategorisch
ausgeschlossen.
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