Freitag 01.07.2011 - Rubrik: Wirtschaft
EZB-Chef Claude Trichet hat signalisiert, dass in der kommenden Woche die nächste Leitzinserhöhung
realisiert wird. Nach Haltung der EZB eine logische Konsequenz, denn die Verbraucherpreise steigen
erneut an, im Mai liegt die Inflationsrate bei 2,7%. Am kommenden Donnerstag wird sich der EZB Rat
in Brüssel treffen und über eine mögliche Leitzinserhöhung beraten. "Man befinde sich in einem Zustand
höchster Wachsamkeit", so die Aussage des EZB-Chefs. Die Europäische Zentralbank müsse an ihrer
geldpolitischen Straffung festhalten, ungeachtet der aktuellen Griechenlandkrise. Stabile Preise sind
mit einer Inflationsrate von 2,7% nicht gewährt. Die EZB sieht die Preisstabilität bei etwa 2,0%, dieser
Wert ist lange überschritten. Experten rechnen mit einer weiteren Leitzinserhöhung auf 1,5%, aktuell
liegt der Leitzins noch bei 1,25%. Die Zinswende wurde im April 2011 eingeleitet, damals erhöhte die
EZB erstmals wieder den Leitzins von 1% auf 1,25%. Nicht nur in der Eurozone sieht man die Preisstabilität
in Gefahr, auch in Australien wurden mahnende Worte laut, die australische Notenbank mahnte zu
Leitzinserhöhungen auch in den USA und Australien. Die Zeit der lockeren Geldpolitik sei vorüber. In
den USA, die derzeit selbst ganz tief in den roten Zahlen stecken, sieht man dies anders, denn die
FED sieht keinen Anlass zu einer möglichen Leitzinserhöhung. McKibbin, seit 10 Jahren Mitglied der
australischen Notenbank, warnte vor zunehmende Inflationsgefahren.
Inflation kontra Griechenlandkrise
Angesichts der Griechenlandkrise ist die Problematik der Inflation in der Eurozone in den Hintergrund
gerückt. Verursachte die letzte Leitzinserhöhung noch wesentlich mehr Schlagzeilen, ist es zum aktuellen
Zeitpunkt relativ ruhig. Die Griechenlandkrise wird zur Zerreißprobe in Europa. Die EZb erteilte den Plänen
und Vorschlägen zu einer weichen Umschuldung eine deutliche Abfuhr. Trichet äußerte sich mit klaren und
scharfen Worten. "Alle Konzepte, die nicht auf absoluter Freiwilligkeit beruhen, werden seitens der EZB
abgelehnt". Die EZB befürchtet Anzeichen eines Kreditausfalles mit ähnlichen Auswirkungen der damaligen
Lehmann Brothers Pleite. Finanzminister Schäuble hingegen befürwortet eine weiche Umschuldung Griechenlands
und setzt damit die EZB als größten Gläubiger Griechenlands mit insgesamt 75 Milliarden Euro stark unter
Druck. Trichet aber lehnt jede politische Einmischung ab. Doch mit seiner Ablehnung wird Trichet das
Problem so schnell nicht loswerden, denn Griechenland benötigt weiterhin Geld. Aktuell muss sich der
EZB-Chef also nicht nur mit der steigenden Inflation, sondern auch mit den Schulden Griechenlands
auseinandersetzen. Als größter Gläubiger des Landes, der zudem politisch unabhängig bleiben will, sicherlich
kein leichtes Unterfangen. Für Deutschland zahlt sich die möglicherweise kommende Leitzinserhöhung aus. Als
das Land mit dem stärksten Wachstum kann Deutschland nur profitieren. Für die meisten anderen Euro-Länder
wird die Leitzinserhöhung jedoch eine zusätzliche Belastung darstellen.
Auswirkungen einer Leitzinserhöhung auf Baufinanzierungen
Es wird erwartet, dass sich Baufinanzierungen mit einer erneuten Anhebung des Leitzinses verteuern werden.
Für solch langfristige Kredite haben dann schon sehr wenige Prozentpunkte einen großen Einfluss. Da es sich
bei Baufinanzierungen in der Regel um langfristig angelegte Finanzierungen handelt, wäre ein schneller
Entschluss vor der Leitzinserhöhung sicherlich von Vorteil. Mit der Leitzinserhöhung werden auch die
Sollzinsen steigen. Experten raten allerdings von übereilten Baufinanzierungen ab, denn meist übersieht
der Bankkunde in der Eile wichtige Details. Eine günstige Baufinanzierung ist nicht allein vom Zinssatz
abhängig, auch die übrigen Konditionen spielen eine wesentliche Rolle. Es lohnt sich nach wie vor Kreditangebote
zu vergleichen und in Ruhe auszuwählen. Verbraucher müssen im Zuge der Leitzinserhöhung aber auch mit
steigenden Dispositionszinsen rechnen. Eine Zinserhöhung für Tagesgeld und Festgeld wird allerdings
frühestens ab August erwartet. Eine Zinserhöhung für Ratenkredite
ist noch unsicher, hier gilt es noch abzuwarten und den Markt zu beobachten.
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