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Ein Italiener an der Spitze der EZB


Freitag 13.05.2011 - Rubrik: Wirtschaft

Es scheint fast, als ob die Entscheidung über die Nachfolge Trichets schon feststehen würde. Offenbar soll ein Italiener die Spitze der Europäischen Zentralbank übernehmen und hat damit einen schweren Weg vor sich. Mario Draghi, Präsident der italienischen Notenbank, hat die schwierigste Hürde schon genommen, nach Italien und Frankreich wird er nun auch von Deutschland unterstützt. Ein wichtiger Schritt Richtung EZB-Präsident. Italien selbst kommt die Kandidatur Draghis gerade Recht. In seinem eigenen Land gilt er als sehr unbequemer Notenbank Präsident. Wird der tatsächlich Trichets Nachfolger werden, will die italienische Regierung sein bisheriges Amt als Notenbankchef ganz schnell mit einem regierungstreuen Nachfolger besetzen. Draghi gilt in Italien vor allem für die Regierung als unbequemer Notenbankchef. Immer wieder kritisiert er die Finanzpolitik Italiens und ist vor allem bei Italiens Präsident Berlusconi nicht sehr beliebt. Berlusconi schönt die Wirtschaftspolitik seines Landes allzu gerne. Genau das Gegenteil tut Draghi, der immer wieder zu mehr Sparsamkeit, Reformen, einer disziplinierten Haushaltsführung und Stabilität drängt. Berlusconi fühlt sich geehrt, dass ein Italiener die Spitze der Europäischen Zentralbank übernehmen soll und kann damit gleichzeitig auch wieder sein Image verbessern.


Der Wirtschaftsexperte Draghi

Ganz im Gegensatz zu Berlusconi ist Draghi ein Mann, der sich gerne öffentlich zurückhält, sein Privatleben aus den Medien heraushält und zu einer konsequenten Haushaltspolitik drängt. Dem eher verschwenderischen Stil Berlusconis kann er nichts abgewinnen. Draghi wird als Wirtschaftsexperte in Europa sehr geschätzt und kann auf einen weitreichenden Erfahrungsschatz zurückgreifen. Zunächst studierte er Wirtschaft in seiner Heimatstadt Rom, schrieb seine Doktorarbeit am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und lehrte dann an verschiedenen italienischen Universitäten. Der damalige Notenbankchef und spätere Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi sorgte 1991 für Draghis Wechsel zum italienischen Schatzministerium. Sein Lebensstil ist schlicht, Skandalnachrichten kennt man von Draghi nicht. Er ist ein Mann der klaren Worte, sein Urteil über die Situation Italiens fiel vernichtend aus. Von den von ihm vorgeschlagenen Lösungsansätzen will aber weder Berlusconi noch die restliche italienische Regierung etwas hören. Berlusconi selbst sieht die Lage etwas anders als Draghi. Ursprünglich bestand in Italien die Hoffnung, dass Draghi an der Spitze der Opposition einen Regierungswechsel anstreben würde. Als Kandidat für die EZB-Präsidentschaft scheidet er aber nun als Konkurrent für die nächsten Wahlen aus. Auch dies dürfte der jetzigen Regierung nicht als Stein auf dem Herzen liegen. Draghis Weg als EZB-Präsident dürfte angesichts der steigenden Inflation und der immer noch aktuellen Griechenlandkrise alles andere als einfach aussehen.


Die EZB und Griechenland

Es ist nun gut ein Jahr vergangen, als die EZB den Rettungsschirm für Griechenland aufspannte, doch nichts ist besser geworden. Griechenland ist höher verschuldet als jemals zuvor. Die Schuldenlast ist erdrückend, die Griechen selbst streiken zu Hunderttausenden und gehen damit noch einen Schritt weiter in die jetzt schon tiefe Schuldenkrise. Das Sparprogramm hat die Rezession verschärft, die Steuereinnahmen sinken und das Defizit wird größer und größer. Die einen sprechen von einer Umschuldung, die anderen von der Rückkehr der griechischen Währung, doch ist weder eine Lösung in Sicht, noch eine einheitliche Meinung. Selbst in Deutschland ist man sich über die Lagen Griechenlands nicht ganz einig. Während Steffen Kampeter, Staatssekretär beim Finanzminister, die Meinung vertritt, dass Griechenland nicht pleite sei, sondern sehr wohl seine Schulden bedienen könne, sieht Dirk Müller, Börsenhändler, die Sachlage ganz anders. Er ist der Ansicht, dass Griechenland sein Sparpaket allein nicht bewältigen kann und wenn sich nicht bald etwas ändern würde, gerät die gesamte EU-Zone in Teufels Küche. Drachmen oder Euro, in kaum einer Frage ist man sich einig und eine Lösung für das griechische Debakel ist fern. Soll Griechenland nun aus der Euro-Zone austreten oder sollen weitere Milliardenhilfen folgen? Nicht nur die Politiker selbst blicken kaum noch durch, auch der Bürger ist leicht verwirrt. Neue Milliardenhilfen für Griechenland würden auch die deutsche Staatskasse belasten, was aber passiert, wenn Griechenland wieder eine eigene Währung einführt. Auf all diese Fragen kann aktuell niemand eine vernünftige und verständliche Erklärung geben. Selbst die EZB hält sich bedeckt. EZB-Präsident meldet sich mit den markigen Worten, dass Griechenland überhaupt nicht pleite sei und seinen Schuldenberg von 160 Milliarden Euro aus eigener Kraft zurückzahlen und abbauen könne. Wie aber zu dieser Ansicht kommt, das lässt Trichet offen. Ökonomen in der Euro-Zone sind nur leider ganz anderer Ansicht und können weder die Meinung einiger Politiker, die Meinung der EZB teilen. EZB-Präsident Trichet will eine Umschuldung der griechischen Schulden nicht und lässt die Frage bewusst offen. Warum Trichet eine Umschuldung so vehement ablehnt, kann sich aktuell niemand wirklich plausibel erklären. Als wahrscheinlichste Begründung gilt die Angst vor einer enormen Kapitalflucht aus Griechenland, die zur Folge hätte, dass die griechischen Banken in naher Zukunft zahlungsunfähig wären. Das aber könnte ein teures Problem für die EZB werden, denn sie müsste Liquiditätshilfen leisten, in welcher Höhe wäre noch gar nicht absehbar. Wahrscheinlich will man dieses riesige Risiko ausschließen und stellt gegen eine Umschuldung. Würde die EZB aber offen aussprechen, dass eine Umschuldung abgelehnt wird, öffnet dies wiederum den Raum für Spekulanten. Sie können in der Euro-Zone hohe Risikoaufschläge kassieren, ohne Risiken einzugehen. Tatsächlich ist ein Wirrwarr entstanden, indem der Steuerzahler, der aber letzten Endes die Last immer zu tragen hat, nicht mehr durchblickt. Und dies ist absolut so gewollt, denn würden sich die Zusammenhänge verständlich und deutlich offenbaren, dann befürchtet die Euro-Zone einen Aufstand gegen den Euro. Und auch dies will man unter allen Umständen verhindern. Am Ende gilt wahrscheinlich nur noch, dass aus dem kleinsten Übel ausgewählt werden muss, welches es auch immer sei. Hauptsache der Euro wackelt nicht und das Volk bleibt unwissend.