Montag 23.05.2011 - Rubrik: Wirtschaft
Die Headlines der vergangenen Tage sind düster, Griechenland ist Mitte Juli pleite, die EZB scheint
sich zur riesigen Bad Bank zu wandeln und eine Umschuldung Griechenlands kommt für die EZB gegen alle
Widerstände nicht in Frage, es scheint ein dunkler Sommer für die EZB und die europäischen Finanzen zu
werden. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou gab bekannt, dass Griechenland dringend
weitere EU-Hilfen benötigt, sonst ist das Land pleite und steht vor der Zahlungsunfähigkeit. Also müssen
die Experten der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB)bis
spätestens Ende Juni grünes Licht für weitere 12 Milliarden Staatshilfen geben, angesichts des riesigen
Schuldenberges Griechenlands ein verschwindend kleiner Teil. Unterdessen muss Griechenland sein Sparpaket
durchsetzen und dieses umfasst harte Maßnahmen, um die Finanzen des Landes wieder in den Griff zu
bekommen. Um das Sparpaket verabschieden zu können, benötigt Ministerpräsident Giorgos Papandreou
allerdings die Hilfe der Opposition, man kann nur hoffen, dass diese Debatte nicht endet wie kürzlich
in Portugal, als die Sparmaßnahmen des Ministerpräsidenten seitens der Opposition abgelehnt wurden
und der Ministerpräsident daraufhin zurücktrat. Im Gespräch sind Kürzungen von Löhnen im staatlichen
Sektor, Pensionen und Renten, Privatisierung staatlicher Unternehmen, eine deutlich höhere Besteuerung
von zahlreichen Lebensmitteln, höhere Besteuerungen von Immobilienbesitz und Boni für Staatsbedienstete
sollen abgeschafft werden. Diese Sparmaßnahmen gefallen den Griechen selbst nicht, neben einer drohenden
Staatspleite fürchtet das Land Unruhen und massive Proteste. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker
schlug Griechenland sogar eine regierungsunabhängige Privatisierungsagentur vor, als Vorbild nannte er
die Treuhandanstalt, die gegründet wurde, um den Verkauf des ehemaligen DDR-Vermögens zu leiten. Sicher
ist, auf ein ehemals stolzes Griechenland warten schwere Aufgaben, deren Ausgang noch mehr als unsicher ist.
Politik gegen EZB
Die EZB wagt einen Machtkampf mit der Politik und provoziert damit möglicherweise einen historischen
Streit. Brüssel und Berlin wollen eine Umschuldung Griechenlands, die EZB wehrt sich massiv. Die Europäische
Zentralbank fürchtet erpressbar zu werden, Experten sprechen von einem Widerstand an der falschen Stelle. Werden
sich Politik und EZB nicht einigen können, droht ein Eklat ungeahnten Ausmaßes, die Glaubwürdigkeit der EZB
scheint mehr und mehr zu verlieren. Ein Jahr nachdem das Rettungsprogramm für Griechenland angelaufen ist,
hat sich die Lage im Land nicht verbessert. Ganz im Gegenteil, werden nicht ganz schnell weitere Milliarden
EU-Hilfen genehmigt, droht die Pleite und die damit verbundene Zahlungsunfähigkeit. Brüssel und Berlin
plädieren für eine so genannte „weiche Umschuldung“. Sie wollen, dass die Laufzeiten griechischer Schuldpapiere
verlängert werden. Außerdem hofft man, dass Investoren freiwillig länger auf ihr Geld warten. Zudem sind
Zinssenkungen für Hilfskredite im Gespräch. Brüssel und Berlin sehen dies als einzigen Weg, damit das Land
aus eigener Kraft wieder auf die Füße kommt. Wie im ersten Abschnitt bereits erwähnt, schlug Juncker bereits
eine regierungsunabhängige Privatisierungsagentur vor. Die EZB wehrt sich allerdings vehement gegen die Pläne
der Politik. Man fürchtet um seine Unabhängigkeit und eine Verschiebung der Risiken in die Bilanz der EZB. Der
EZB-Rat ist sich geschlossen einig. Der damalige Kauf der Staatsanleihen sei eine Ausnahme gewesen und beruhte
lediglich auf die Unfähigkeit der Politik zu handeln. Ein zweites Mal werde man keine Ausnahme machen. Immer
wieder plädiert die EZB, dass die EU-Länder ihre Probleme selbst in den Griff bekommen müssen, dies sei nicht
Aufgabe der EZB, sondern der Politik. Man will sich im EZB-Rat nicht weiterhin von der Politik erpressen
lassen. Fakt ist aber auch, beide Seiten haben sich in einen Weg hinein manövriert, aus dem es keinen Ausweg
ohne Verlierer geben wird. Akzeptiert die EZB keine weiteren Sicherheiten mit einem hohen Ausfallrisiko, dann
ist Griechenlands Pleite unabwendbar. Die EZB hatte ohnehin schon ihre Prinzipien aufgeweicht. Wurden zunächst
nur Sicherheiten mit einem sehr geringen Ausfallrisiko als Sicherheiten akzeptiert, hatte sich dies während der
Krise gewandelt. Die EZB ist im Besitz hochriskanter Papiere Griechenlands. Würde die EZB bei ihrem jetzigen
Standpunkt bleiben, dürfte sie keine weiteren griechischen Papiere als Sicherheiten annehmen, um Banken frisches
Geld zu leihen. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, kein frisches Geld für europäische Banken, die dafür
griechische Anleihen bei der EZB hinterlegen wollen und Griechenlands endgültige Pleite. Die EZB will keine
weiteren Staatsfinanzierungen unterstützen, in Brüssel hingegen verweist man auf das Risiko, dass man den
Steuerzahler nicht aufbürden könne. Experten gehen davon aus, dass die EZB als Verlierer aus diesem Duell
herausgehen wird. Eine endgültige Zahlungsunfähigkeit Griechenlands wird die EZB nicht riskieren, damit würde
sie ihr Image endgültig ruinieren. Eine zukunftsweisende Richtung darf die indirekte Staatsfinanzierung aber
auch nicht werden, denn verlassen sich mehr und mehr Staaten auf die Hilfe der EZB, wäre nicht nur die Unabhängigkeit
der EZB in Gefahr, auch die Prinzipien der EZB wären gefährdet, denn eigentlich sind die EU-Länder selbst in der
Verantwortung ihre Finanzen zu ordnen und dieses Prinzip sollte nicht verloren gehen.
Massenhaft zweifelhafte Sicherheiten in der EZB
Hinzu kommen die ohnehin schon schlechten Papiere, die sich im Besitz der EZB befinden. Experten sprechen schon
von einer Umwandlung der Europäischen Zentralbank in eine riesige Bad Bank. Man spricht von mehreren hundert
Milliarden Euro, die sich in der Bilanz der EZB befinden. Wie kam es dazu? Banken der Krisenländer Griechenland,
Portugal, Irland und Spanien haben massenhafte Sicherheiten hinterlegt, die nicht ausreichend geprüft wurden. Man
akzeptierte und zahlte die Kredite aus, nun soll die EZB auf einem riesigen Berg hochriskanter und womöglich völlig
wertloser Papiere sitzen. Es wurde nicht ausreichend geprüft oder aber man sah schon viel eher eine Krise kommen
und keinen anderen Weg. Egal welche Begründung zugrunde liegt, es könnte gefährlich werden, Staatspleiten müssen
unter diesen Umständen in jedem Fall vermieden werden. Es scheint, als ob die vielgepriesene Unabhängigkeit der
EZB schon viel länger verloren gegangen ist. Aber nicht nur die EZB sitzt in der Falle, die Euro-Länder haften
im Verbund mit für das Ausfallrisiko. Allein die deutsche Bundesbank besitzt 27% des Kapitals der EZB, im
Ernstfall müsste Deutschland für ein Viertel des Risikos aufkommen. Nun erklären sich vielleicht auch die
Bemühungen Deutschlands um eine weiche Umschuldung Griechenlands besser.