Freitag 10.09.2010 - Rubrik: Wirtschaft
In den letzten Wochen wurde vermehrt über das Wachstum der Wirtschaft berichtet. Die
Zeichen stehen gut, nach der Wirtschaftskrise scheint das Tief vorerst überwunden und
die Prognosen für die nächsten Monate sind ebenfalls gut. Trotz dieser guten Aussichten
bleibt die Europäische Zentralbank (kurz EZB) bei ihrer Krisenstrategie, der Leitzins
bleibt zunächst auf Rekord-Tief. Die Banken im Euroraum sollen mindestens bis zum
Jahresende weiterhin mit günstiger Liquidität versorgt werden, der Leitzins bleibt
bei 1,0%. Nach Einschätzung der EZB wird die Wirtschaft im zweiten Quartal und bis
zum nächsten Jahr weiterhin wachsen. Dies sei aber bislang kein Signal den Leitzins
anzuheben. Unsicherheiten bestehen dennoch, Spannungen an den Finanzmärkten, die Aussichten
anderer Industrieländer sind noch nicht abzuschätzen. Auch die Energie- und andere
Rohstoffpreise sind nach wie vor nicht stabil und daher ein Risikofaktor
der Preisstabilität.
Eine Zusage des niedrigen Leitzinses gibt es mindestens bis zum Januar 2011. Die EZB bleibt bei ihrer abwartenden Haltung. Die Vollzeiteilung der Refinanzierungsgeschäfte wird beibehalten, vor allem in den wöchentlichen, monatlichen und dreimonatigen Geschäften. Die Liquiditätspolitik soll erst zu einem späteren Zeitpunkt angepasst werden. Die Maßnahme der EZB, den Leitzins bei seinem jetzigen Prozentsatz zu belassen, ist kein Signal für die Zukunft. Weder für eine veränderte Geldpolitik, noch für eine Lockerung der Zügel. Obwohl die Wachstumsprognosen positiv ausfallen, werden die Konjunkturrisiken in den letzten vier Wochen stärker betont.
Im Juni 2010 prognostizierte die EZB der europäischen Wirtschaft ein Wachstum
von 1,0%. Diese Einschätzung wurde auf 1,6% korrigiert. Auch die Zahlen für 2011
wurden korrigiert, ging man zunächst von einer Wachstumsprognose von 1,2% aus, werden
jetzt 1,4% angegeben. Für das laufende Jahr wird die Inflationsrate auf 1,6% geschätzt, bis
jetzt waren es 1,5%. Die Teuerungsrate im Jahr 2011 wird den Einschätzungen nach auf 1,7%
ansteigen, bis jetzt wurden 1,6% genannt.
Die Europäische Zentralbank hatte aufgrund der Wirtschaftskrise den Leitzins auf
1,0% gesenkt. Diese ungewöhnliche Maßnahme wurde gewährt, da es zu drastischen
Verspannungen auf dem Geldmarkt kam. Banken wurde eine unbegrenzte Liquidität zu
einem fixen Preis zur Verfügung gestellt. Normalerweise müssen Banken an einem
Versteigerungsverfahren teilnehmen, um Geld der EZB zu erhalten. Da es aber zu einem
außergewöhnliche und hohen Misstrauen zwischen den Banken kam, wurde dieser Mechanismus
außer Kraft gesetzt. Die günstige Geldvergabe soll den Geldmarkt nach der schweren
Krise stabilisieren und den Banken weiterhin Liquidität gewähren.
Im Vergleich: Während man in den europäischen Staaten weiterhin auf einen niedrigen
Leitzins setzt, um die Stabilität gewährleisten zu können, hat man in Schweden zum
zweiten Mal in Folge den Leitzins angehoben. Aufgrund steigender Inflationsgefahren
hob die Riksbank am Donnerstag den Leitzins von 0,5% auf 0,75% an. Schweden will den
Leitzins in der nächsten Zeit konstant auf das normale Niveau anheben. Der normale
Leitzins in Schweden liegt bei 2,0%. Mit der Anhebung des Leitzinses soll das Inflationsziel
erreicht werden und eine Stabilisierung der Realwirtschaft. Mit der Entscheidung der
Riksbank stieg die schwedische Krone nach Bekanntgabe auf ein Tageshoch, im Gegensatz zum
Euro. Die schwedische Wirtschaft war im zweiten Quartal so stark gewachsen wie schon
lange nicht mehr, angegeben wurden 3,7%. Im Gegensatz zu Schweden, bewegten sich die
Finanzmärkte in Europa nach der Entscheidung der EZB kaum.