Montag 16.05.2011 - Rubrik: Wirtschaft
Die Bundesregierung und die EZB sind sich alles andere als einig, es brodelt, die Griechenland Krise sorgt
für weitere Konflikte. Die EZB sieht sich in ihrer Unabhängigkeit bedroht, die Bundesregierung versucht
offenbar den eigenen Haushalt zu schonen. Aus den Kreisen der EZB will sich niemand öffentlich zu dem Problem
äußern, alle Aussagen dringen nur anonym in die Öffentlichkeit. Die Bundesregierung drängt auf eine rasche
Umschuldung und bringt die Europäische Zentralbank damit in einen Konflikt. Die griechischen Finanzprobleme
sollen mit Geldern der EZB gelöst werden und nicht wie ursprünglich vereinbart mit Krediten und Garantien
der EU-Länder. So jedenfalls sieht die Bundesregierung den aktuellen Stand der Griechenland-Krise. Die EZB
selbst teilt die Ansichten gar nicht und fühlt sich im Stich gelassen. Die Frage ist in der Griechenland
Krise eine ganz zentrale Frage und wird auch künftige Krisen beeinflussen. Soll die EZB griechische Staatsanleihen
weiterhin als Sicherheiten für Kredite an Geschäftsbanken akzeptieren? Wie aus den Kreisen der EZB anonym
bekannt wurde, käme dieses Vorgehen aber einem Eingeständnis gleich, dass Griechenland insolvent sei. Dieses
Eingeständnis will man aber um jeden Preis vermeiden. Dies ist aber nicht das einzige Problem, denn würde
die Laufzeitverlängerung, sei sie auch freiwillig, Schule machen, diene das nicht der zukünftigen
Eigenverantwortung der EU-Länder.
Schuldenagentur und aufgeweichte Grundsätze
Das Image der EZB hat in den letzten Monaten stark gelitten. Mit dem Vorschlag der Bundesregierung steht
die EZB vor einem weiteren Problem. Eigentlich sollte die EZB keine Staatsdefizite finanzieren. Das
ursprüngliche Ziel der EZB lautete eine stabile Geld- und Währungspolitik aufzubauen. Alle Euro-Länder und
vor allem die finanziell angeschlagenen Länder, sollten ihre Haushalte eigenverantwortlich in Ordnung
bringen. Nun sagt man der EZB nach, sie verkomme zur Schuldenagentur der Euro-Zone und auch die Aussage,
die Prinzipien würden aufweichen, ist wenig schmeichelhaft. Axel Weber, ehemaliger Bundesbank-Präsident,
stellte sich schon während seiner Amtszeit vehement gegen den Ankauf von Staatsanleihen der EZB. Und nun
wird diskutiert, was Weber ablehnte. Die EZB soll ein Teil der Schulden übernehmen. Doch das Signal, dass
die EZB aussenden würde, könnte andere Euro-Länder weiterhin verantwortungslos Schulden anzuhäufen. Die
Bundesregierung will mit ihrem Vorschlag schneller private Banken in die Pflicht nehmen, doch diese
besitzen nur noch einen sehr kleinen Teil griechischer Staatsanleihen. Rund 340 Milliarden Euro Schulden
hat Griechenland angehäuft. 40% der gesamten ausstehenden Schuld sind aber im Besitz der europäischen
Zentralbanken, die Beteiligung der privaten Banken wäre verschwindend gering. Andere Experten sehen in der
Umschuldung keine Lösung für die Problematik Griechenlands. Eine Umschuldung könne jahrzehntelange Probleme
nicht lösen.
Griechenland zwischen den Stühlen
Griechenland selbst steht zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite muss die Regierung den harten Sparkurs
umsetzen und auf der anderen Seite befürchtet das Land schwere soziale Unruhen. Erst letzte Woche gingen
hunderttausende Griechen auf die Straße um zu demonstrieren. Die Griechen selbst wollen das Missmanagement
nicht ausbaden, höhere Steuern, längere Arbeitszeiten und ein verschärftes Steuerrecht, die Milliardenschulden
der Regierung will man nicht mit ausbaden. Zum ersten Mal in der Geschichte Griechenlands sollen auch
Beschäftigte von Staatsunternehmen entlassen werden. Nirgendwo ist es einfacher keine Steuern zu zahlen
als in Griechenland. In kaum einem anderen Land kann man früher in Rente gehen als in Griechenland und
die Schattenwirtschaft Griechenlands trieb jahrzehntelang Blüten, nur nicht für die Staatskasse. Erfüllt
die Regierung die Sparpläne aber nicht, bleiben weitere Milliardenhilfen aus. Man will Griechenland Beine
machen, dies wollen die Griechen ihrer Regierung aber auch.
Gebrochene Stabilitätsversprechen und eine nicht mehr neutrale EZB?
Mit der Forderung der Bundesregierung folgt ein weiteres gebrochenes Stabilitätsversprechen und nun ist
auch noch die Unabhängigkeit der EZB in Gefahr. Das Vorgehen Merkels in der Bewältigung der Krisen der
finanzschwachen Länder der Euro-Zone brachte schon einen Überwurf mit Axel Weber, dem ehemaligen Bundesbank
Präsidenten. Eine starke EZB kann es aber nur geben, wenn diese auch neutral bleibt und nicht für die Schulden
einiger Euro-Länder einspringt. Scheinbar hat Angela Merkel das ursprüngliche Konzept etwas aus den Augen
verloren. Der Stabilitätspakt wird zugunsten politischer Interessen aufgeweicht. Feste Regeln in der
Finanzpolitik, Strafen für die Euro-Länder, die gegen die Regeln verstoßen und der feste Vorsatz, dass
jedes Land aus eigener Kraft seine Schuldenproblematik in den Griff bekommen muss. Ursprünglich wollte man
um jeden Preis verhindern, dass die EZB Signale sendet, die anderen Länder Hoffnung geben könnte weitere
Schulden anzuhäufen und später die Verantwortung abzuwälzen. Doch diese Vorsätze scheinen nicht mehr gültig
zu sein, wenn man die EZB auffordert die griechischen Staatsanleihen Griechenlands zu verlängern. Die Aufgabe
der EZB ist es nicht ruinierte Staaten zu finanzieren und schon gar nicht die Stabilität des Euros
zu gefährden.
Eine Pleite, die keine ist
Eine Pleite Griechenlands darf es nicht geben, ein Umfallen des Euros auch nicht, eine Politik orientierte
Geldpolitik der EZB auch nicht und die Garantien der Euro-Länder für Griechenlands Schulden werden Deutschland
plötzlich zu teuer. Eine Pleite, die keine ist, aber ein Problem, das seit Wochen durch die Medien
geistert, EU-Bürger stark verunsichert, die Bundesregierung und die EZB entzweit und ein EZB-Präsident, der
bei all dem die Ruhe bewahrt und beschwichtigt. Wenigstens oberflächlich konnte Trichets etwas Ruhe in die
Lage bringen, denn seiner Meinung nach ist der Euro keineswegs in Gefahr, die Länder selbst sind verantwortlich
für ihre Probleme und nicht der Euro. Funktionierende Regularien sind für ihn die Lösung der Probleme. Eine
bemerkenswert einfache Sicht der Dinge.