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Leitzinserhöhung und Schuldenkrise in der Euro-Zone


Freitag 08.04.2011 - Rubrik: Wirtschaft

Gestern, am Donnerstag den 07.04.2011, ist es dann endlich soweit gewesen. Lange Monate wurde immer wieder spekuliert und nun ist die Leitzinserhöhung beschlossen Sache. Die Woche ist insgesamt unruhig gewesen, denn fast zeitgleich wurde auch bekannt gegeben, was ebenfalls schon länger spekuliert wurde, Portugal muss nun auch unter den Rettungsschirm schlüpfen, um seine Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Unruhige Zeiten in der Euro-Zone und nicht alle teilen den Optimismus, der aus Brüssel verbreitet wird. Wird der Euro auf Dauer die Schuldenlast stemmen können und entsteht möglicherweise ein Dominoeffekt und Spanien ist der nächste Kandidat für den Rettungsschirm? Viele Fragen, auf die es wieder einmal keine endgültige Antwort gibt. Die Verbraucher sind verunsichert. Berichtet wird über riesige Milliardenhilfen, Portugal benötigt allein 80 Milliarden Euro, was dort oben geschieht scheint weg zu sein, doch viele Menschen machen sich Sorgen um ihr Erspartes. Die Politik des "billigen Geldes" scheint sich ihrem Ende zu nähern. Die EZB hob den Leitzins von 1% auf 1,25% an, die erste Leitzinserhöhung seit 2008. EZB-Chef begründete den Schritt mit der Sicherung der Preisstabilität für rund 330 Millionen Menschen, die seit ein paar Monaten mit einer steigenden Inflationsrate leben müssen. Auf der anderen Seite aber bedeutet eine Leitzinserhöhung für Sparer aber auch, dass sie in den nächsten Monaten mit leicht steigenden Zinsen rechnen dürfen. Für Kreditnehmer sieht es dagegen etwas anders aus, denn Kredite werden in Zukunft teurer werden.


Weitere Leitzinserhöhungen noch in diesem Jahr?

Die Anhebung um 0,25 Prozentpunkte scheint Expertenmeinungen nach noch nicht das Ende zu sein. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone liegt aktuell bei 2,6%, das sind immerhin 0,6 Prozentpunkte mehr, als sich die EZB unter einer stabilen Inflationsrate vorstellt. Steigende Energie- und Rohstoffpreise sind Hauptverursacher für die steigende Teuerungsrate. Experten sind der Ansicht, dass die jetzt erhöhten 0,25% noch nicht das Ende sind. Um die Inflationsrate dauerhaft zu senken und wieder zu stabilisieren müsste die EZB weitere Leitzinserhöhungen planen. Soll die Teuerungsrate um mindestens 0,2-0,4 Prozentpunkte gesenkt werden, um dem Ziel von rund 2% wieder näher zu kommen, müsste der Leitzins mindestens um einen weiteren Prozentpunkt angehoben werden. EZB-Chef Trichet äußerte sich noch nicht zu weiteren Leitzinserhöhungen, er sagte tatsächlich nichts dagegen und auch nichts was dafür sprechen könnte. Zahlreiche Experten gehen aber davon aus, dass der Leitzins bis Ende des Jahres in zwei weiteren Zinsanhebungen auf 1,75% klettern werde. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Hamburger Berenberg Bank, sagte sogar, dass der Leitzins Ende 2013 bei 3% liegen wird.


Geteilte Ansichten in Deutschland

In Deutschland ist man bezüglich der Leitzinserhöhung geteilter Ansicht. Während Banken und Ökonomen den Schritt begrüßen und für lange überfällig halten, sprechen sich die deutschen Gewerkschaften gegen die Leitzinserhöhung aus. Verbraucher müssen sich auf steigende Kreditzinsen und Dispozinsen einstellen. Sparer mit Tagesgeldkonten und Festgeldkonten können sich aber auf steigende Guthabenzinsen freuen. Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kritisierte den Schritt und mahnte, dass die Leitzinserhöhung das Wachstum eindämme und weniger Nachfrage eine geringere Beschäftigungsquote nach sich ziehen wird. Insgesamt wird der Schritt der EZB jedoch als positiv bewertet. Die Europäische Zentralbank habe ein wichtiges Signal an den Verbraucher ausgegeben. Sie agiert als unabhängige Bank, weitgehend ohne die Interessen der Politik zu vertreten. Das oberste Ziel, die Preisstabilität in Europa zu gewährleisten, ist mit der ersten Leitzinserhöhung in Angriff genommen worden. Der Kurs der EZB bleibt konstant, eine verlässliche Konstante für den Verbraucher, der in diesen unruhigen Zeiten stark verunsichert ist. Spareinlagen, Renten und Lebensversicherungen bleiben annähernd stabil, die Kredite für Unternehmen und Wirtschaft werden nicht spürbar steigen. Wer sich jetzt schon mit Argumenten einer ausgebremsten Wirtschaft sorgt, ist im Unrecht. Höchstes Gut in der Euro-Zone ist die Stabilität des Euros, die Sicherheit der Spareinlagen und damit auch das Vertrauen der Menschen. Leicht steigende Kreditzinsen sind das kleinere Übel. Statt auf höhere Inflationsraten zu spekulieren, um die eigenen Schulden schnell und einfach wieder loszuwerden, soll sich die Politik der Euro-Länder darauf konzentrieren ihre Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Wer hinter dieser Richtung steht, wird den Schritt der EZB nur begrüßen können. Alles andere würde zu einer schweren Talfahrt des Euros führen, Spekulationen an den Finanzmärkten verstärken und nicht dazu führen, dass die Euro-Länder eigenverantwortlich handeln.


Finanzhilfen für Portugal

Wie im ersten Abschnitt schon kurz erwähnt, muss nun auch Portugal Finanzhilfen der EU beantragen. Etwa 80 Milliarden Euro sind im Gespräch und glaubt man den Worten aus Brüssel, bedeuten diese Milliarden keine Belastung für den Rettungsschirm. Allerdings werden die Finanzhilfen für Griechenland, Irland und Portugal die großen Probleme nicht allein lösen können. Zunächst wird sich die Lage am Finanzmarkt leicht entspannen, dauerhaft wird dies aber allein nicht ausreichen. Aus Brüssel ließ man verlauten, dass die angeschlagenen Länder jetzt erst einmal Zeit bräuchten, um die Sparprogramme umzusetzen und sich wieder zu erholen. Dennoch ist die Diskussion um gemeinsame Euro-Anleihen wieder aufgeflammt. Gemeinsame Euro-Anleihen würden bedeuten, dass die Länder gemeinsam Geld am Kapitalmarkt aufnehmen und dieses Geld dann auf die einzelnen Haushalte verteilen. Dennoch bleibt die Frage offen, ob Euro-Anleihen tatsächlich eine dauerhafte Lösung sein werden oder ob die Schuldenlast nicht nur anders verteilt wird. Einige befürchten auch, dass gemeinsame Euro-Anleihen die angestrebten Sparprogramme der Länder negativ beeinflussen und diese sollten eigentlich oberstes Ziel bleiben. Nun ist die Frage um Portugal geklärt, jetzt richten sich alle Augen auf Spanien. Das Land selbst erklärte seine Haushaltslage als stabil und dementierte Gerüchte ebenfalls Gelder aus dem Rettungsschirm beantragen zu müssen. Es bleibt spannend in der Euro-Zone, wenn auch die Entwicklung mit durchaus gemischten Gefühlen beobachtet werden muss.