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Leitzinserhöhung schon im April möglich


Freitag 04.03.2011 - Rubrik: Wirtschaft

Droht Anlegern und Investoren im Frühjahr der Zinsschock? Der Renten- und Devisenmarkt wurde nach der gestrigen Ankündigung der EZB tüchtig durcheinander geschüttelt. Überraschend für viele Anleger verkündete gestern, Donnerstag, 03.03.2011, EZB-Chef Trichet ein konkretes Datum für eine voraussichtliche Leitzinserhöhung. Trichet ließ durchklingen, dass es sich nicht etwa um eine kaum bemerkbare Zinserhöhung handeln werde. Aufgrund der steigenden Inflation sprach Trichet von einer spürbaren Zinserhöhung. Die Märkte reagierten sofort, die Renditen deutscher Staatsanleihen und der Euro sprangen deutlich nach oben. Der Großteil der Marktteilnehmer hatte sich erst in der zweiten Jahreshälfte auf mögliche Zinssteigerungen verlassen, die Überraschung nach der Ankündigung war dementsprechend groß.


Inflationswarnungen der EZB

Neu ist es nicht, dass die EZB immer wieder erklärte, oberstes Ziel sei es die Inflation in Europa zu bekämpfen. Die Inflationswarnungen waren angesichts der zunehmend steigenden Inflation der letzten Monate immer deutlicher geworden. Dennoch verließ sich die Mehrheit der Anleger und Investoren auf das doch eher zögerliche Vorgehen der EZB, bis jetzt hatte es immer geheißen, dass die jetzige Inflationsrate keinen Anlass biete handeln zu müssen. Doch nun zeigt sich die EZB in voller Entschlossenheit die Inflation bekämpfen zu müssen und entgegen aller Erwartungen schon früher als zunächst angenommen.


Leitzinserhöhungen um bis zu 0,75 Prozentpunkte

Die Ökonomen der Banken rechnen fest mit einem deutlichen Anstieg des Leitzinses, einige gehen sogar von einer schrittweisen Erhöhung aus, obwohl die EZB über das weitere Vorgehen keine genauen Angaben gemacht hatte. Experten schätzen, dass der Leitzins zunächst am 7.April, Datum der nächsten EZB Sitzung, um 0,25 Prozentpunkte angehoben wird und damit dann bei 1,25% stehen wird. Der Europa-Chefvolkswirt der UBS, Stephane Deo, erwartet sogar einen Anstieg auf 1,75% bis Jahresende in zwei weiteren Schritten. Die Anleihenmärkte reagierten sofort sehr sensibel. Die deutschen Staatsanleihen gelten als Richtmaß für europäische Staatspapiere, die deutlichste Veränderung wurde in Papieren mit zweijähriger Laufzeit sichtbar. Hier stieg die Rendite um 23 Basispunkte auf 1,777 Prozent, der höchste Anstieg seit dem Jahr 2009. Die zehnjährigen Bundesanleihen kletterten um 13 Basispunkte auf 3,326 Prozent nach oben.


Geld am Kapitalmarkt wird teurer:

Allein die Ankündigung der Leitzinserhöhung wird für viele Euro-Staaten bedeuten, dass das Geld am Kapitalmarkt teurer wird. Besonders hart treffen wird es die schon kriselnden Euro-Staaten, denn für sie wird es teurer frisches Geld am Kapitalmarkt leihen zu können. Gegner der Leitzinserhöhung kritisierten genau dies, denn sie sind der Meinung, dass sich mit diesem Schritt die Euro-Krise weiter verschärfen wird. Der Euro hingegen profitierte deutlich von der Ankündigung, höhere Zinsen lassen eine Währung attraktiver werden. Im Gegensatz zur US-Notenbank, hier strebt man unter Umständen eine weitere Lockerung der Geldpolitik an, gewann der Euro zunächst gegenüber dem Dollar.


Geteilte Ansichten:

Zwei Jahre lang blieb Trichet nun bei seinem strikten Kurs den Leitzins nicht anzuheben und erst kürzlich verkündetet er noch, dass er keinen Anlass sehe den Leitzins anzuheben. Seine Einschätzung, dass sich die Euro-Zone nun nicht mehr am Abgrund befinde, sondern einem stabilen Wachstum gegenüber stehe, teilt nicht jeder. Die Inflation steigt, die Deflation habe deutlich abgenommen, so sieht zumindest EZB-Chef Trichet die Sachlage. Der Standpunkt der EZB rechtfertige eine Leitzinserhöhung. Ökonomen sehen die Begründung als hochriskant an. Das Risiko sei sehr viel höher, als die Stabilisierung der Lage. Der Schritt der EZB wird als PR-Maßnahmen eingestuft. In den letzten Monaten war die EZB immer wieder in die Kritik geraten, weil man mit den Käufen der Staatsanleihen befürchtete, dass die EZB an Neutralität verliere und dies eine unerlaubte Einmischung der Zentralbank in das politische Geschehen darstelle. Mit der Zinserhöhung wolle man nun von den Käufen ablenken und Kritiker beruhigen. Die Wirtschaftswoche beurteilt das Vorgehen der EZB etwas positiver. Nachdem dem Abgang Axel Webers befürchtete man, dass die EZB einer laxeren Geldpolitik nachgehen würde. Wohl auch um diese Einschätzung zu umgehen und die Stärke der EZB zu bekräftigen, hat sich Trichet zu dem Schritt der Zinserhöhung entschlossen. Weiterhin sieht die Wirtschaftswoche den Schritt als begründet an. Man müsse nur noch die Käufe der Staatsanleihen beenden und die unbegrenzte Liquiditätsversorgung einschränken, dann gehe die EZB weiterhin konsequent den richtigen Weg.


Anleger besorgt:

Zunächst setzte sich eine leichte Aufwärtsbewegung an den Börsen durch. Das vorsichtige Vorgehen der Regierungen in der Libyen-Frage und die guten Unternehmenszahlen sorgten erst einmal für Kauflaune an den Börsen. Nach der Ankündigung der EZB wurde diese allerdings erst einmal etwas gebremst. Da die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im April bei etwa 90% liegt, zeigten sich Anleger und Käufer zurückhaltend. Auch der Goldpreis reagierte mit Verlusten, der Preis für eine Feinunze Gold sank auf ein Tagestief von 1411,50 Dollar.


Chance oder Risiko für die Politik?:

Allerdings weitert sich der Zinsvorteil des Euros gegenüber dem Dollar aus. Die sei vor allem eine Chance für die Politik, die Reformbemühungen zur Defizitbegrenzung der Euro-Länder müsse nun endlich seitens der Regierungen in die Hand genommen werden. Weiterhin auf billiges Geld der EZB zu hoffen, wird der falsche Schritt sein, denn diese Hilfen werden bald ein Ende haben. Welches Land jetzt nicht reagiert und selbst handelt, wird am Ende das Nachsehen haben. Nicht nur Länder wie Deutschland müssen handeln, auch um ihre steigende Inflation in den Griff zu bekommen, gefährlich wird die Zinserhöhung vor allem für Länder wie Griechenland und Portugal. Die Chancen, dass diese Länder ihre Schulden aus eigener Kraft zurückzahlen können, sinken mit einer Zinserhöhung immer mehr. Die Aufnahme neuer Kredite wird immer teurer, dies bremst aber gleichzeitig das Wirtschaftswachstum. In welche Richtung sich die Spirale drehen wird, ist noch völlig offen. Man kann nur hoffen, dass die Euro-Regierungen weitere Tendenzen rechtzeitig erkennen und handeln werden.