Montag 17.01.2011 - Rubrik: Wirtschaft
Letzte Woche klangen die Äußerungen der EZB noch relativ gelassen, der Anstieg des Preisniveaus
gab keinen Anlass zur Sorge. Der Leitzins blieb wie erwartet auf dem Rekordtief von 1%. Man
sprach davon, dass die EZB das europäische Preisniveau im Auge behalten würde und bei Änderungen
auch umgehend reagieren würde. Aktuell bestehe aber kein Anlass für eine Erhöhung des Leitzinses.
Allerdings änderte Trichet seine Wortwahl ein wenig und gab damit einigen Experten Anlass zu
neuen Spekulationen über die Anhebung des Leitzinses.
Ist die EZB beunruhigt?
EZB-Präsident Trichet sieht erste Anzeichen für eine Steigerung des Preisniveaus und äußerte sich
plötzlich mit anderen Worten. Obwohl nur ein kleines Wort ergänzt würde, heizte genau dieses Wort
die Mutmaßungen an. Ist die EZB beunruhigt? Droht nun doch eine Anhebung des Leitzinses früher als
erwartet? EZB-Präsident Trichet nannte die Zinsen zunächst „angemessen“. Am Donnerstag relativiert
er diese Aussage und korrigiert sie in „noch angemessen“. Experten deuten diese Aussage in Richtung
Anhebung der Leitzinsen. Im Dezember letzten Jahres lag die Inflationsrate noch bei moderaten 2,2%,
zwar höher als allgemein erwartet, war aber dennoch kein Grund die Richtung zum jetzigen Zeitpunkt
zu ändern. Gestiegen sind vor allem die Kosten für Energie und Lebensmittel.
Preisstabilität liegt für die EZB bei knapp unter 2%
Die EZB sieht die Preisstabilität bei knapp unter 2%. Trichet betonte letzte Woche noch, dass trotz
andauernder Schuldenkrise der EU, die Preisstabilität Vorrang habe und man deshalb auch die Leitzinsen
nicht erhöhen würde. In seinen Äußerungen erinnerte er an die Anhebung der Leitzinsen 2008, diese
wurde vielfach kritisiert. Die Anhebung der Leitzinsen wäre nicht ungewöhnlich, ist sie doch eine
bekannte Maßnahme um den Inflationsdruck wieder ein den Griff zu bekommen. Werden die Zinsen erhöht,
dämpft sich damit automatisch das Wachstum, die Nachfrage sinkt, die Preise damit ebenfalls. Experten
sehen die neuen Äußerungen Trichets womöglich als Kehrtwende in der Zinspolitik. Verschiedene Kenner
des Marktes sprechen von vorsichtigen Warnungen der EZB. Die Einschätzung der Europäischen Zentralbank
könne kurz vor einer Kehrtwende stehen.
Keine Äußerung zu anderen brisanten Themen
Andere aktuelle Themen sparte Trichet aus, die Ausweitung des EU-Fonds oder die immer noch von der
EZB abhängigen Banken in der Krise waren kein Thema, Trichet äußerte sich dazu nicht. Obwohl die
Ausweitung des EU-Fonds derzeit für reichlich Gesprächsstoff sorgt, auch in Deutschland, denn hier
fürchtet man, dass die EU-Krise Deutschland noch teurer zu stehen kommen als jetzt schon. Trichet
unterstützte lediglich die Haltung der deutschen Regierung, obwohl man bestmöglich um Stabilität
bemüht sei, müssen die betroffenen Länder ihren Weg aus der Krise alleine finden. Hier sei nach wie
vor ein Handeln der Politik gefragt, man könne die finanziellen Schwierigkeiten nicht allein mit
Hilfe der EZB und des Rettungsschirmes lösen. Die sieht man auch in Deutschland so, Finanzminister
Schäuble sagte, dass der EU-Rettungsschirm völlig ausreichend sei, vor allem weil noch nicht mal 10%
der Gelder in Anspruch genommen wurden.
Finanzminister wollen dennoch diskutieren
Scheinbar teilen andere EU-Länder die Ansichten Merkels und Schäubles nicht, denn die Finanzminister
der Euroländer wollen die Ausweitung des EU-Rettungsschirms bei einem weiteren Treffen besprechen.
Schäuble sagte kurz vor dem Treffen erneut, dass er keine Ausweitung des EU-Rettungsschirms befürworten
werde. Erst einmal müssen die Länder selbst ihre Finanzen in Ordnung bringen und dazu reichen die
bereitgestellten Mittel aus. Aus den insgesamt bereitgestellten 750 Milliarden Euro habe nur Irland
75 Milliarden Euro erhalten. Die anderen angeschlagenen Länder konnten zunächst erfolgreich Staatsanleihen
auf dem Markt platzieren und so ihre finanzielle Situation kurzfristig verbessern. Dies allerdings nur zu
sehr hohen Zinsen, die Nachfrage aber war gut. Dennoch befürchtet die EU-Kommission wohl, dass sich die
EU-Krise weiter ausweiten werden und höhere Hilfen notwendig werden. Trichet selbst sieht keine Verschärfung
der Krise, er bezeichnet die aktuelle Lage nicht als Krise des Euros als Währung, sondern viel mehr als
Krise der Staatsfinanzen und diese würde in der nächsten Zeit nicht an der Stabilität des Euros rütteln.
- Leitzinsen bleiben erst einmal auf Rekord-Tief