Montag 14.02.2011 - Rubrik: Wirtschaft
Es scheint die Zeit der Wechsel zu werden, EZB-Chef Trichet steht kurz vor seinem Ende
als Chef der Europäischen Zentralbank, die Deutsche Bank steht ebenfalls vor einem
Führungswechsel und nun reiht sich auch die Bundesbank in das „Bäumchen-wechsel-dich“
Spiel ein. Und mittendrin hängt nun auch die Politik, Angela Merkel kommt nicht gut weg.
Axel Weber, Bundesbank-Präsident, steht kurz vor einem wenig glanzvollen Abschied, bringt
die Finanzwelt kurz durcheinander und schafft es außerdem das Image der Kanzlerin in
Misskredit zu bringen. Ähnlich wie Deutsche Bank Chef Ackermann, ist auch Weber ein Mann
der polarisiert. Seine menschliche Art ist umstritten, sein Fachwissen weltweit geschätzt.
Er gilt als nicht einfach, knorrig und schwer umgänglich, hat seine ganz eigene Sicht der
Dinge, aber als Finanzexperte und standhafter Banker ist er international geschätzt.
Ein Wechsel, der keiner wird?
Viele Fragen offenbaren sich im Gewirr der Rücktritte, wir groß wird der Schaden sein,
den Axel Weber sich selbst zugefügt hat? Noch am Dienstag wurde er als EZB-Präsident
Nachfolger Trichets gehandelt, plötzlich war aber auch eine Nachfolge Ackermanns im
Gespräch. In all den Spekulationen stellt sich Weber offen gegen die Kanzlerin und der
Ausgang der Gespräche ist plötzlich ungewiss. Wird Weber alles verlieren oder am Ende
doch als Sieger aus den Verhandlungen herausgehen? Eines hat Weber jedoch geschafft, er
hat die Kanzlerin brüskiert, sie gerät jetzt unter Druck und muss wohl letztendlich
zugestehen, dass sie aktuell weder einen Nachfolger für die Bundesbank präsentieren
kann und auch keinen zweiten Kandidaten, der die Nachfolge Trichets antreten könnte.
Weber ist Merkels Wunschkandidat gewesen, denn Axel Webers Ziele in der Stärkung des
Euros stimmen mit den Vorstellungen der Kanzlerin überein.
Weber klar gegen Staatsanleihen
International anerkannt, sein Ruf eilt ihm Voraus und auch seine Ansichten zur Euro-Währung
waren eigentlich konform mit denen der Regierung. Was bringt einen Mann wie Axel Weber
dazu in eine solch unglückliche Personaldebatte verwickelt zu werden? Diese Frage hat
sich bis heute noch nicht eindeutig klären lassen. Weber äußerte seine Kritik im letzten
Jahr zum Ankauf der Staatsanleihen finanzschwacher europäischer Staaten durch die EZB
nicht etwa nur hinter verschlossenen Türen, er äußerte seinen Unmut klar und deutlich
in der Öffentlichkeit. Diese Form der öffentlichen Kritik brachte ihm den Unmut aller
europäischen Notenbank-Gouverneure ein. Und es blieb ein Streitpunkt, bis heute hat
Weber seine Meinung nicht geändert. Gespräche mit EZB-Präsident Trichet blieben erfolglos,
Weber rückte von seinem Standpunkt nicht ab und vertritt sie bis heute in der
Öffentlichkeit. Der EZB-Rat formiert sich geschlossen gegen Weber, ein denkbar schlechter
Start für einen zukünftigen EZB-Präsidenten, der direkt zu Beginn den gesamten EZB-Rat
hinter sich hat. Aber Weber bleibt bei seinen Ansichten und rückt nicht ab, eine Einigung
zu den Fragen des europäischen Stabilitätspakts also ausgeschlossen. Damit wird aber
eine Nachfolge Trichets mehr als unwahrscheinlich.
Vom Bankenaufseher zum Bankenvorstand
Sollte Weber zur Deutschen Bank wechseln, würde er damit auch vom Bankenaufseher zum
Bankenvorstand wechseln, ein Wechsel der für einige befremdlich wirkt. Reizvoll sind
seine Verbindungen zur Politik, nützlich wären sie auch für die Deutsche Bank gewesen.
Doch nun hat sich Weber seine Sympathien hier auch verscherzt, in dem er Merkel
öffentlich bloß gestellt hat. Scheinbar hat sich Axel Weber alle Zukunftswege selbst
erschwert, wenn nicht gar blockiert. Wie aus Finanzkreisen zu vernehmen war, wollen
sich Merkel und Weber heute treffen. Man vermutet, dass Kanzlerin Merkel den recht
unbequemen Weber möglichst schnell zum Rücktritt auffordern wird. Aktuell schweigt
Axel Weber erst einmal über seine Zukunftspläne und will zunächst das Gespräch mit
Kanzlerin Merkel führen.
Schadensbegrenzung für das wichtigste Amt der deutschen Wirtschaft
Es bleibt bis heute nicht oder kaum nachvollziehbar was der Auslöser oder die Beweggründe
für Axel Webers Verhalten gewesen sind. Axel Webers Nichtkommunikation wirft nicht nur ein
schlechtes Licht auf ihn selbst, auch das Ansehen Merkels und der Bundesbank haben Schaden
genommen. Merkel wollte eine neue Führungsrolle in Europa besetzen und ist mit diesem
Vorhaben gescheitert. Sicherlich war das Streben nach einem deutschen EZB-Präsidenten
nicht ganz uneigennützig, denn Webers Ansichten in der europäischen Finanzpolitik passen
zu ihren eigenen Ansichten. Italien und Frankreich werden ihren Spaß an der Sache haben,
ein unfreiwilliger Spaß für die Kanzlerin, denn sie konnte Webers handeln nicht voraussehen.
Was bleibt Merkel noch für eine Option? Einen anderen geeigneten Kandidaten für dieses
überaus wichtige Amt wird sie sich nicht aus dem Hut zaubern können und selbst wenn, wäre
sie damit unglaubwürdig. Also bleibt Merkel nur noch die Option sich für einen anderen
europäischen Kandidaten stark zu machen, in der Hoffnung, dass sich einer findet dessen
finanzpolitische Ansichten mit Deutschlands übereinstimmen. Deutschlands Führungsposition
und Einfluss in Europa zu stärken ist unter diesen Umständen nicht gelungen, einzig bleibt
die Schadensregulierung.