Montag 26.04.2010 - Rubrik: Allgemeines
Eine Finanzierung aus dem Jahre 2005 sorgt für kritische Stimmen.
Staatsverschuldungen sind heutzutage eine Option, die jedoch aufgrund der jahrelangen Nutzung kein hohes Ansehen mehr genießt. Ein Thema das polarisiert, und wie man jetzt deutlich erkennen kann, das auch Jahre später noch für Unmut sorgen kann. Da Staatsverschuldungen generell ungerne gesehen sind, versuchten schon in der Vergangenheit zahlreiche Banken mit Hilfe von anderen Konzepten Kredite zu verschleiern. Öffentliche Verschuldungen wurden in die Zukunft verschoben und mit anderen Bezeichnungen deklariert, so dass das Darlehen weder als Kredit offensichtlich werden konnte, noch die damit verbundenen Konsequenzen deutlich wurden.
Zwei Aktivitäten der Grauzone – unabhängig und doch zusammenhängend
Mittlerweile sind die Kritiken an der Deutschen Bank so massiv, dass sogar Vergleiche zwischen
der Riga-Finanzierung aus dem Jahre 2007 mit den griechischen Swap-Geschäften des vergangenen
Jahres bei den Goldman-Geschäften mit der Brücken-Finanzierung in Riga gezogen werden. Einziger
Unterschied – die Swap-Geschäfte bezeichnen den Verkauf der Versicherungen, die im Falle des
Kreditausfalles greifen. Dieser Bereich ist zentral im Spekulationsgeschäft verankert, und
entsprechend an der weltweiten Wirtschaftskrise zu einem gewissen Prozentsatz beteiligt. Entsprechend
heikel ist die aktuelle Debatte um die
Deutsche Bank.
Die Verschachtelungen der Verschuldungspolitik
Das grundlegende Problem der aktuellen Diskussionen ist die Finanzierung des Brückenbaus
im vergangenen Jahr. Um über den Fluss Düna in Riga ein Brücke bauen zu lassen, wurde mit
Hilfe von Derivaten zwar ein Kredit aufgenommen, der jedoch mittels der Derivat-Finanzierung
in die Zukunft verschoben werden konnte. Diese Kredit-Konstellation hätte in der Theorie dazu
geführt, dass der öffentliche Kredit
in die ohnehin ungern gesehenen Muster der Verschuldungspolitik gefallen wäre.
Die unbegründete Kritik an der Verschuldungspolitik – der etwas andere Blickwinkel
Betrachtet man die gesamte Situation mit einem makroökonomischen Blickwinkel, dann handelt
es sich hierbei um die so genannte Barro-Ricardo-Äquivalenzposition, die beschreibt, dass
derartige Verschiebungen zukünftige Generationen belasten und das entsprechend den
Landes-Haushalt und die damit verbundenen Ein- und Ausgaben beeinflusst. Im gesamten
Wirtschaftsprozess wird jedoch davon ausgegangen, dass derartige Neuverschuldungen nicht
folgewirksam negativ sind, da die zukünftigen Generationen mit dem Gedanken des Sparens
anders mit der Wirtschaftslage umgehen und diese entsprechend behandeln – demzufolge
anders als es heute der Fall ist. Langfristig wirkt sich dies auf den Handel mit Wertpapieren
aus, die gerade in Krisenzeiten als stärkstes Konjunkturgut gehandelt werden. Wie man sich
vorstellen kann, ist der Gedankengang, dass die zukünftigen Generationen mit einem avisierten
Sparverhalten die heutigen Wirtschaftsproblematiken austarieren, recht umstritten und entsprechend
hoch ist der Anteil an Kritikern.
Ein Beschluss der EU-Statistikbehörde schafft Klarheit und Kritik
Demzufolge lässt sich das Verhalten der Deutschen Bank auch nur schwer gut reden, wobei die
Stellungnahme des Finanzinstitutes zu den Anschuldigungen eindeutig ist. Nachdem die
EU-Statistikbehörde Eurostart entschieden hat, dass – ganz gleich in welcher Form die finanzielle
Unterstützung ermöglicht wurde – es sich dabei um einen klassischen Kredit handelt, beteuerte
die Deutsche Bank, dass trotz der Bezeichnung des Lieferantenkredits, jederzeit eine
transparente Finanzierung stattgefunden hat.
Die Verschachtelung – Enhanced Vendor Financing
Laut Brancheninsidern handelt es sich bei der Finanzierung um eine Summe von 444 Millionen
Euro, die im Rahmen des Enhanced Vendor Financing übermittelt wurden. Trotzdem, dass der
Bauträger vom entsprechenden Kreditinstitut in diesem Finanzierungsmodell gezahlt wird,
musste aufgrund der offiziellen Kredit-Bestätigung durch Eurostarts eine Umarbeitung der
Haushaltskalkulationen in Riga stattfinden. Aufgrund des Kredits wurde das Haushaltsdefizit
verändert und der im Jahre 2005 und 2006 angegebene Schuldenstand nach oben hin umgearbeitet.
Die gesamte Summe wird unmittelbar an den Bauträger transferiert, wobei dieser letztendlich das
Geld an die Deutsche Bank weiterleitet. Damit jedoch im Falle einer finanziellen Insolvenz der
Kommune Riga nicht ein Defizit in den Kalkulationen der Deutschen Bank entsteht, wurde im
vergangenen Jahr eine so genannte Credit Default Swap abgeschlossen, die im Falle des Kreditausfalls
wirksam wird. Entsprechend ist trotz der Definition des Lieferantenkredites das Risiko zu einhundert
Prozent auf Seiten der litauischen Kommune.
Die eigentliche Kritik am Verhalten der Deutschen Bank
Tatsache ist, dass die Deutsche Bank Riga einen Kredit gewährt hat, und dieser als
EVF (Enhanced Vendor Financing) deklariert wurde. Das heißt, dass Riga – in diesem
Fall ein Kunde der Deutschen Bank – stark daran interessiert war, die öffentliche
Verschuldung zu verheimlichen und unentdeckt auf künftige Generationen umzulagern. Dass
die Deutsche Bank dieser Bedingung nachgekommen ist, damit der Kredit nicht als solcher
genannt werden muss, ist der schwerwiegendste Vorwurf gegen das Deutsche Finanzinstitut. Und
genau dieser Punkt lässt auch einen Vergleich mit den Goldman-Geschäften zu, die im
vergangenen Jahr für Aufsehen sorgten.
Der letzte Versuch: eine öffentlich-private Partnerschaft
Selbstverständlich wurde auch die lettische Staatsregierung hinzugezogen, wobei man
schlussendlich noch versuchte, den Kredit als öffentlich-private Partnerschaft abzutun.
Jedoch wurde dies rigoros von Eurostarts abgelehnt, da in diesem Fall noch ein dritter
Beteiligter das Risikopotential teilen würde, die Kosten ebenfalls umgelagert werden
müssten und somit der offensichtliche Kredit nicht mal mehr als ergänzenden Hilfe im
Sinne des Lieferantenkredites gesehen werden könne – entsprechend wurde dieses Anliegen
abgelehnt.
Eine Klassifizierung zur Verschleierung
Seitdem Eurostart sich zu Projekten klar geäußert hat, die unter dem Überbegriff Enhanced
Vendor Financing (kurz EVF) in den Haushaltsbüchern notiert werden, verzichtete die Deutsche
Bank gänzlich auf die Nutzung dieses Kreditformats bei anderen Kunden. Genau diese Reaktion
der Deutschen Bank lässt in Branchenkreisen ebenfalls vermuten, dass diese Klassifizierung
schon zu Beginn nur als Deckmantel gedacht war, der es möglich macht öffentliche Projekte mit
inoffiziellen Schulden umzusetzen.
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