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Mittelstand kann nicht vom Aufschwung profitieren


Montag 01.08.2011 - Rubrik: Wirtschaft

Der allgemeine Aufschwung geistert durch die Medien, erst gestern berichtete die Tagesschau, dass der Metallbau in den nächsten Monaten 80.000 zusätzliche Stellen schaffen kann. Die Branche hat das Tief der Finanzkrise überwunden und freut sich über ein starkes Wachstum. Die Arbeitslosenzahlen sind ebenfalls erfreulich, auch angesichts des schlechten Sommerwetters. Doch der Mittelstand hat weniger Grund zur Freude und sieht sich vor einem nicht zu unterschätzenden Problem. Die Krise ist überwunden, doch die Altlasten aus den letzten Jahren sind eine Belastung. Der Mittelstand kann vom allgemeinen Aufschwung nicht profitieren, mitten im Konjunkturhoch geht ihm das Geld aus. Für zahlreiche mittelständische Unternehmen steht in diesem Jahr die Refinanzierung der Altlasten an, doch die Banken geben sich äußerst reserviert bei der Kreditvergabe. Die Unternehmensberatung Alvarez und Marsal hat in ihrer jüngsten Studie erschreckende Zahlen veröffentlicht. Mehr als ein Viertel von 124 börsennotierten Mittelständlern und Familienunternehmen, die für die Studie befragt wurden, sind in ihrer Existenz bedroht.


Vielen Unternehmen fehlt der Zugang zu frischen Krediten

Die Entwicklung als solches ist nicht neu, denn nach einer Rezession folgt der Aufschwung und dennoch zeigen sich Banken knauserig bei der Kreditvergabe. Doch das dürfte die betroffenen Unternehmen nicht trösten, denn sie kämpfen um ihre Existenz. Der Kreislauf führt die Unternehmen nicht selten in die Pleite. Sie verfügen nicht über genügend Eigenkapital, um ihre alten Kredite verlängern zu lassen. Doch genau dies wäre dringend notwendig, um das dringend benötigte und auch vorhandene Wachstum zu nutzen. Doch die Banken bestrafen die Unternehmen mit extrem hohen Zinsaufschlägen, wenn sie denn überhaupt einer Laufzeitverlängerung zustimmen. Diese hohen Zinszahlungen können aber nicht aufgebracht werden. Eigentlich wäre das Wachstum genau das richtige Mittel, um vom allgemeinen Aufschwung profitieren zu können. Doch ohne Kredite für Investitionen kann ein Teil des Mittelstandes nicht wachsen. Eine Spirale, die sich zu Ungunsten der mittelständischen Betriebe dreht und deren Existenz bedroht.


Mezzanine Kredite ohne Anschlussfinanzierung

In den nächsten Monaten stehen allein 3,1 Mrd. Euro zur Umschuldung aus Mezzaninen Krediten an. Aus der Studie der Unternehmensberatung ging hervor, dass ein Viertel der Unternehmen Probleme bei der Anschlussfinanzierung bekommen würden. Die hohen Zinsaufschläge, wenn die Banken überhaupt eine Anschlussfinanzierung genehmigen, werden die Probleme der Unternehmen nur noch verstärken. Hinzu kommt das Problem der Risikostandards. Aus der Finanzkrise heraus wurden die Risikostandards deutlich verschärft. Viele Banken schauen lieber zweimal hin, bevor sie einen Kredit vergeben und prüfen die Unterlagen dreimal. Das Risiko soll so gering wie möglich ausfallen. Aus der Sicht der Banken tragen die betroffenen Unternehmen eine Teilschuld. Schon seit Jahren weise man immer wieder darauf hin, dass sich Unternehmen aus der Kreditabhängigkeit verstärkt lösen müssen. Geschehen ist offenbar nicht viel, wie man der aktuellen Situation entnehmen kann.


Leitzinserhöhung als weitere Wachstumsbremse

Auch die kürzlich veröffentlichen Zahlen der EZB (Europäische Zentralbank) belegen deutlich, dass die zurück gegangene Kreditvergabe das Wachstum verlangsamt. Ursprünglich hatten Analysten mit einem weiteren Aufschwung für Juni gerechnet, wurden aber enttäuscht. Im Mai hatte das Wachstum noch bei 2,7% gelegen, eigentlich hatte man erwartet, dass im Juni 2,8% zu verzeichnen sind, wurde aber enttäuscht, denn erreicht wurden nur 2,5%. Die Kreditdynamik in den Euro-Ländern zeigt sich verhalten, die Probleme in Deutschland zeigen sich auch in anderen Euro-Ländern. Ob die EZB angesichts der schlechten Zahlen eine weitere Leitzinserhöhung anstrebt, ist unter Experten umstritten. In Italien und Dänemark geht man davon aus, dass es für die EZB schwer werden wird ein weiteres Argument für eine erneute Leitzinserhöhung zu finden. Die schwache Konjunktur und Kreditvergabe deutet eigentlich darauf hin, dass der Leitzins erst einmal bei 1,5% verbleibt. In Deutschland sieht man die Lage ein wenig anders und analysiert, dass die EZB sehr wohl eine weitere Leitzinserhöhung anstreben wird. Christoph Balz von der Commerzbank sagte: "Da die vor der Finanzmarktkrise aufgebaute Überschussliquidität noch nicht vollständig abgebaut ist, befürchtet die EZB, dass dies in Verbindung mit einem wachsenden Vertrauen und der höheren Konsumbereitschaft die Vermögens- und die Verbraucherpreise anschieben könnte." Würde dieses Jahr eine erneute Leitzinserhöhung durchgesetzt werden, verschlimmert sich die Lage der mittelständischen Unternehmen erneut. Es ist davon auszugehen, dass die jetzt schon hohen Zinsen, die jetzt mit dem Kreditrisiko begründet werden, erneut anziehen werden. Eine Verbesserung für den Mittelstand in Deutschland scheint also aktuell noch nicht in Sicht.