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Kredite knapp - der Mittelstand noch immer in der Krise


Freitag 15.10.2010 - Rubrik: Wirtschaft

Eine aktuelle Umfrage der Commerzbank, veröffentlicht gestern 14.10.2010, zeigte deutlich auf, dass der Mittelstand noch immer unter der Finanzkrise leidet. Im Gegensatz dazu hat sich die Großindustrie weitgehend erholt, dies konnte man anhand der Wachstumsprognose in den Nachrichten deutlich erkennen, Exportzahlen steigen wieder an und dies höher als zunächst erwartet wurde. In der Stahlindustrie konnten sich Mitarbeiter über eine Lohnerhöhung freuen. Doch diese erfreulichen Nachrichten gelten nicht für den Mittelstand und den Einzelhandel hat es noch härter getroffen. Der Finanzierungsbedarf im Mittelstand und Einzelhandel ist gestiegen, doch die dringend notwendige Kreditvergabe wird seitens der Banken blockiert.


Mittelstand klagt über einen schlechten Ertrag

4.000 Geschäftsinhaber und Geschäftsinhaber wurden befragt, die Hälfte der Befragten klagen über ein schlechteres Ergebnis als noch im Jahr 2008. 43% der befragten Unternehmen gaben an, dass sich der Zugang zu Krediten deutlich erschwert habe. Der Maschinenbauverband bestätigte die Ergebnisse. Zwar sind die meisten Unternehmen zu einer Einigung mit den Banken gekommen, dies jedoch unter deutlich schwierigeren Bedingungen. Unternehmen, denen ein Kredit bewilligt wurde, mussten höhere Zinsen zahlen, bessere Sicherheiten vorlegen und zum Teil sogar Eigenkapital einbringen. Laut der Studie der Commerzbank wurde jeder achten Firma wichtige und notwendige Kredite gekürzt.


Einzelhandel noch stärker betroffen

Während im Mittelstand "nur" 43% der Befragten angaben, dass ihnen der Zugang zu Krediten erschwert wurde, ist der Einzelhandel noch stärker betroffen. Hier gaben immerhin 53% der befragten Unternehmen an, der Zugang zu Krediten wurde deutlich erschwert. Jedem 5. Unternehmen wurden im Einzelhandel wichtige Kreditlinien gekürzt. Besonders die Lebensmittelbranche beklagt sich über unfaire Geschäftspraktiken. Hier wären Kredite aufgrund der steigenden Rohstoffpreise am Weltmarkt dringend notwendig. Stattdessen steigen Banken in den Rohstoffhandel ein und Hersteller in der Lebensmittelbranche sollen Rohstoffzertifikate kaufen, um in den Rohstoffhandel zu investieren. Unlogisch, wie man meinen könnte, denn die Lebensmittelbranche hat gar keine freien Gelder, um in einen Markt zu investieren, den sie selbst mit Krediten bedienen müssten. Im Pharma- und Chemieunternehmen sowie im IT- und Telekomsektor ist die Lage etwas entspannter.


Kleine Unternehmen in der Existenz bedroht

Gekappte Kreditlinien sind für kleine Unternehmen die stärkste Bedrohung, nicht selten droht aufgrund fehlender finanzieller Mittel sogar das Aus. Kleine Unternehmen sind in doppelter Hinsicht betroffen. Fallen wichtige Aufträge weg, fehlt oftmals das Geld, um diesen Ausfall auszugleichen. Auf der anderen Seite werden aber weniger Kredite bewilligt, um in den Aufschwung zu investieren und infolge dessen auch mithalten zu können. Interessanterweise ergeben sich daraus schlechtere Zahlen im Jahr des Aufschwungs im Gegensatz zum wesentlich härteren Jahr 2009. Laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform wird es dieses Jahr noch mehr Insolvenzen geben als im letzten Jahr. Die Zahl wird wahrscheinlich von 33.000 Insolvenzen auf bis zu 36.000 Insolvenzen steigen.


Finanzkrise beschädigt das Vertrauen in Banken schwer

Die Finanzkrise hat das Vertrauen in Banken und Sparkassen schwer beschädigt, auch dies ergab die Umfrage der Commerzbank. Von den 4.000 befragten Unternehmen gaben 61% an, dass ihr Vertrauen in Banken und Sparkassen stark gesunken sei, das ist mehr als die Hälfte. Sogar 22% gaben an, in den letzten zwei Jahren starke Veränderungen an ihren Geschäftsbeziehungen vorgenommen zu haben. 14% der befragten Unternehmen sagten, dass sie von ihrer eigenen Bank sogar enttäuscht wurden. Der Mittelstand hat auch konkrete Vorstellungen wie sie sich in Zukunft die Zusammenarbeit vorstellen würden. Sie wünschen sich in erster Linie ein unbürokratisches und flexibles Handeln der Banken. Preise und Konditionen sollten individueller und mit mehr Risikobereitschaft verhandelt werden.


Basel III erhöht das Risiko für den Mittelstand

Ein weiterer Risikofaktor für den Mittelstand wird nach Einschätzung des Chefvolkswirtes der KfW-Bankengruppe, Norbert Irsch, Basel III sein. Das Engagement deutscher Banken in hoch verschuldete Euro-Staaten und Basel III wird die Kreditvergabe in den deutschen Mittelstand zusätzlich erschweren. Auf der einen Seite steht der rasante Aufschwung, überwiegend im Exportbereich und auf der anderen Seite steht der noch immer stark gefährdete Mittelstand im eigenen Land.


Kreditklemme Ja oder Nein?

Nun muss man sich aber dennoch fragen, ob eine Kreditklemme droht oder ob das Vorgehen bei der Kreditvergabe in den Mittelstand durchaus berechtigt ist. Laut der Einschätzung von verschiedenen Experten wird auch im nächsten Jahr keine Kreditklemme drohen, Fakt ist aber, dass Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger geworden sind und das Risiko minimieren wollen. Der Spagat zwischen den Interessen im eigenen Land und der Sicherung des Eigenkapitals laut Basel III, mit der zusätzlichen Belastung einiger unsicherer Euro-Staaten ist sicherlich nicht immer ganz einfach. So gut wie sicher ist aber auch, dass die Sicherung des Eigenkapitals und die damit verbundenen Kosten am Ende wieder an den Verbraucher abgegeben werden und sich Kredite verteuern werden.