Montag 20.09.2010 - Rubrik: Wirtschaft
In den nächsten Tagen soll endgültig über das neue Regelwerk Basel III entschieden werden.
Doch bevor der endgültige Entschluss über die Inhalte überhaupt gefallen ist, geben deutsche
Banken ihren Widerstand auf. Basel III ist der Nachfolger des derzeit noch gültigen Regelwerks
Basel II.
Warum Basel III ?
Mit dem überarbeiteten Regelwerk Basel III will der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht einer
möglichen nächsten Finanzkrise entgegen wirken und die Risiken minimieren. Grundsätzlich sollen
mit der neuen Fassung die Qualitätsanforderungen an das Kapital der
Banken verschärft werden und
bessere Liquiditätsvorschriften geschaffen werden. Der Finanzmarkt soll nicht nur gegen eine
mögliche nächste Finanzkrise stabilisiert werden, mit Basel III soll auch die Risikobereitschaft
am Finanzmarkt eingedämmt werden. Basel II, das derzeit gültige Regelwerk, teilt die
bankenaufsichtlichen Eigenmittel in drei Säulen auf. Diese drei Säulen werden wie folgt definiert:
Tier 1, das Kernkapital. Das Kernkapital einer Bank sollte aus hartem Kernkapital, wie klassische
Aktien und einbehaltenen Gewinnen und hybridem Kernkapital, beispielsweise nachrangigen
Bankschuldverschreibungen bestehen.
Tier 2, das Ergänzungskapital. Das Ergänzungskapital steht einer Bank nicht auf Dauer
zur Verfügung, es ist zeitlich begrenzt. Es soll vorhandene Mittel nur über einen
befristeten Zeitraum ergänzen.
Tier 3, die Drittrangmittel. Als Drittrangmittel werden kurze bis mittelfristige
nachrangige Verbindlichkeiten bezeichnet. Deren Laufzeit darf nicht kürzer als zwei
Jahre betragen und nicht länger als 5 Jahre.
Der Streitpunkt
Streitpunkt ist der dritte Punkt der Baseler II Regelung, die Drittrangmittel. Mit Basel
III sollen genau diese Drittrangmittel abgeschafft werden. Das führte zu einem erheblichen
Widerstand der deutschen Banken. Mit Basel III soll das Kernkapital verstärkt werden und die
Marktpreisrisiken mit der Abschaffung von Tier 3 in Basel II mit härterem Kapital unterlegt
werden. Tier 1 in Basel II soll mit Basel III wesentlich die Lage der Banken in instabilen
Zeiten stabilisieren. Basel III sieht vor, dass zukünftig das Kernkapital effektiv eingezahlt
wird, dem Markt dauerhaft zur Verfügung stehen muss und als dritten Punkt, einen möglichen
Verlust voll abdecken kann. Aktuell laufen einige Studien, welche die Auswirkungen deutlich
sichtbar machen sollen und den Effekt von Basel III klar und offen legen sollen.
Der Prostest der deutschen Banken
Die deutschen Banken gaben zunächst einen heftigen Widerstand bekannt. Der Grund: Sie
trifft Basel III am härtesten. Während der Finanzkrise haben US-Banken bereits hohes
Eigenkapital aufgebaut, die deutschen Banken jedoch nicht. Für sie bedeutet Basel III
die Beschaffung von Eigenkapital in Milliardenhöhe. Außerdem haben US-Banken den Großteil
ihrer Staatshilfen bereits zurück gezahlt, deutsche Banken jedoch nicht. Doch in den letzten
Tagen, kurz vor Abschluss, bricht der Widerstand der deutschen Banken zusammen. Plötzlich
ist kaum noch ein hartes Wort zu hören, drohend ausgemalte Szenarien werden plötzlich nicht
mehr genannt. Lediglich Sparkassen und Landesbanken laufen immer noch Sturm gegen Basel
III. Klar ist jedoch immer noch, dass Banken in Zukunft ihr Eigenkapital deutlich erhöhen
müssen, um Krisen standfester begegnen zu können. Der Chefvolkswirt der Europäischen
Zentralbank, Jürgen Stark, fand deutliche Worte für den Widerstand der Sparkassen. Er
fordert eine Privatisierung der deutschen Sparkassen, nannte gleichzeitig auch gute und
ausreichende Übergangsfristen für die Beschaffung neuen Eigenkapitals, so dass alle Banken
genügend Zeit haben werden in Basel III hinein zu wachsen. Die geforderte Privatisierung
der Sparkassen stößt bei privaten Instituten auf offene Ohren, denn diese Forderung haben
sie schon länger, unter Verweis auf die Wettbewerbsverzerrung. Würde der Fall eintreten, dann
wäre dies das Ende des dreigliedrigen deutschen Bankensystems.
Deutsche Bank Chef Josef Ackermann sieht die Lage allerdings nicht so rosig, auch nicht
unter Einbeziehung der genannten Fristen von mindestens 8 Jahren, möglicherweise sogar
13 Jahren. Ackermann malt die Zukunft sogar recht düster und prognostiziert einen
möglichen Arbeitsplatzabbau von weltweit 9,7 Millionen Stellen. Bundesbank- Präsident
Axel Weber machte unmissverständlich klar, dass das neue Regelwerk in Kraft treten werde
und ein weiteres Lamento, wie er es nannte, unsinnig sei. Man müsse nach vorne sehen und
die Sache konstruktiv anpacken.
Auf die klaren Ansagen reagierten zumindest die großen deutschen Banken und gaben ihren
Widerstand auf. Landesbanken und Sparkassen stehen nun ziemlich allein mit ihren
Forderungen. Sie gaben allerdings bekannt, sollte Basel III in dieser Form wirklich
durchgesetzt werden, müsse man das Kreditvolumen um 225 Milliarden Euro herunterfahren. Sie
fordern ein Handeln der Bundesregierung gegen die neuen Regeln.
Aktuell im Zusammenhang: Deutsche Bank vor Mega-Kapitalerhöhung? Basel III oder
komplette Postbank Übernahme?
Noch wird nur spekuliert über den tatsächlichen Grund der enormen Eigenkapitalerhöhung
der Deutschen Bank. Sie steht kurz vor einer gigantischen Kapitalerhöhung, es sollen
zwischen 8 und 9 Milliarden Euro benötigt werden. Doch wofür soll die enorme Kapitalerhöhung
dienen? Spekuliert wird über Basel III oder einer endgültigen Übernahme der Postbank. Bis
jetzt hält die Deutsche Bank nur ein Drittel der
Postbank, soll mit dem Geld die Postbank
komplett übernommen werden? Oder will man die Deutsche Bank gegenüber ihren schwächeren
Konkurrenten möglichst schnell an die Spitze stellen? Anleger spekulieren schön länger über
eine komplette Übernahme, immerhin würde sich die Deutsche Bank rund 14 Millionen Privatkunden
der Postbank sichern. Die Deutsche Bank selbst gab bis zum jetzigen Zeitpunkt (10.09.2010)
noch keine Stellungnahme ab. Die Börse reagierte jedoch schnell und sensibel, Aktien der
Deutschen Bank fielen bereits am Donnerstagabend um 5,1%, bei der Postbank Aktie trat genau
das Gegenteil ein, sie Aktie kletterte um 7,7%. Den Anlegern sei wahrscheinlich die Summe zu
hoch, immerhin birgt eine solch enorm hohe Kapitalerhöhung auch ein großes Risiko, zumal dies in
recht kurzer Zeit geschehen soll. Denn eigentlich haben die Banken noch Zeit, um auf Basel III zu
reagieren. Insgesamt reagierte die Börse aber weniger empfindlich als erwartet, nachdem bekannt
wurde, dass die Höhe der Eigenkapitalbeschaffung doch nicht so riesig ausfallen würde wie
zunächst befürchtet.
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