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Unabhängigkeit der EZB in Gefahr


Montag 28.02.2011 - Rubrik: Allgemeines

Einmischungen der Politik in das Vorgehen und Handeln der EZB (Europäische Zentralbank) sind nicht nur äußerst selten, sie sind auch unerwünscht, denn die EZB handelt unabhängig von den Interessen der Politik. Die Aufgabe der EZB ist die Preisstabilität in der Eurozone zu sichern und die Geldpolitik festzulegen, unabhängig und neutral jeglicher politischer Einflussnahme. Nun steht die EZB aufgrund der Euro-Krise nicht nur unter starkem Druck, überraschenderweise äußerte sich jetzt Bundespräsident Wulff und stellte eine klare Forderung an EZB-Chef Trichet. Wullf kritisiert die Käufe der Staatsanleihen durch die EZB und steht mit seiner Kritik nicht allein dar, denn auch Italiens Notenbankchef Mario Draghi hatte das Vorgehen kritisiert.


Käufe der Staatsanleihen stabilisieren finanzschwache Länder

Die Meinungen zu den Käufen der Staatsanleihen sind stark zweigeteilt. Während Deutschland und Italien dieses Vorgehen als ungeeignet ansehen, sind andere Staaten überzeugt, dass die Käufe der Staatsanleihen ein geeignetes Mittel seien, um finanzschwachen Ländern zu helfen. Wullfs Äußerung an Trichet kam überraschend und kann durchaus als ungewöhnlich bezeichnet werden. Normalerweise äußert sich Deutschlands Staatsoberhaupt nicht zum Vorgehen der EZB. Doch am Donnerstag forderte Bundespräsident Wullf mit sehr klaren Worten ein deutliches Verbot der Anleiheaufkäufe. Statt der Anleiheaufkäufe fordert Wulff vielmehr eine Stabilisierung der Euro-Zone durch einen Mechanismus, der es dauerhaft ermöglicht finanzschwache Euroländer zu stabilisieren und einen wieder einen starken Euro zu schaffen. Die Einmischung der EZB sieht Wulff als ungeeignet an. Dieser Meinung ist auch Italiens Notenbankchef Mario Draghi, denn er sieht die Reputation und Unabhängigkeit der EZB in Gefahr.


Strengere Kontrollen und Risikobeteiligung gefordert

Weiterhin forderte Wulff, dass die Last nicht beim Steuerzahler europäischer Länder abgeladen werden dürfe, vielmehr müssten diejenigen die Kredite geben und dafür auch höhere Zinsen bekommen, am Risiko beteiligt werden. Die Position Deutschlands in der EU zu diesem Thema ist nicht unumstritten, denn Deutschland fordert, dass die Gläubiger bei der Ausgabe von Staatsanleihen ab 2013 mit in die Haftung für Zahlungsausfälle genommen werden. Befürworter der Bonds sehen die Situation als Maßnahme finanzschwachen Ländern eine günstige Refinanzierung anbieten zu können und damit die Krise der jeweilig betroffenen Länder entschärfen zu können. Nimmt die EZB Staatsanleihen vom Markt, macht sie es möglich, dass frisches Geld preiswerter zu bekommen ist. Draghi sagt der Financial Times, dass die Käufe sehr viel strenger kontrolliert werden müsse. Es dürfe nicht passieren, dass die EZB mit den Käufen plötzlich unter politischen Druck gerate oder aber sogar politischen Druck ausüben kann.


Nachfolge Trichets immer noch Thema

Während des Treffens zwischen Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano und Bundespräsident Wulff am Donnerstag in Berlin wurde auch die Nachfolge des EZB-Chefs Trichets angesprochen. Zuletzt war dies in Deutschland ein Thema, als Kanzlerin Merkels Wunschkandidat Axel Weber aufgrund verschiedener Äußerungen nicht mehr zur Verfügung stand. Beide Politiker hoben hervor, dass die Nationalität des Nachfolgers keine Rolle bei der Auswahl spielen dürfe, sondern lediglich die Qualifikation wesentlich sei. Falls er von Rom aus in das Rennen um die Nachfolge geschickt wird, gilt Italiens Notenbankchef Mario Draghi als aussichtsreicher Kandidat. Deutschland selbst hat nach dem Ausscheiden Webers kaum noch Chancen auf die Nachfolge des EZB-Chefs. Der Italiener Draghi hat bei den Deutschen relativ wenige Chancen, spekuliert wird über eine mögliche Nachfolge aus Finnland. Die Finnen selbst wollen sich aber dazu noch nicht äußern. Entschieden wird letztlich aus Deutschland und Frankreich, Kandidat kann nur werden, wer von Deutschland und Frankreich um eine Kandidatur gebeten wird. Draghi selbst wirbt in Deutschland für sich, in dem er sich stabilitätsorientiert äußert, ein starkes Ansinnen der Kanzlerin selbst. Möglicherweise will er sich mit seinem Vorgehen Sympathien aus Deutschland sichern. Das Pokerspiel um die EZB-Chef Nachfolge 2012 geht also weiter.